Sven Paas Kommunale Kosten sind Damoklesschwert

Wermelskirchen · Wie sehen heimische Geschäftsführer und Unternehmer die wirtschaftliche Lage? Wie ist die Zusammenarbeit mit der Stadt? Die BM befragte einige Mitglieder des Wirtschaftsgremiums der IHK. Sven Paas, Betriebsleiter der FEBIKON Labortechnik.

Herr Paas, in welcher Sparte tummelt sich die Febikon Labortechnik GmbH?

Paas Wir sind in der Welt der Biotechnologie zu Hause. Deutschlandweit gibt es davon rund 620 Unternehmen. Sie erwirtschafteten 2017 mit knapp 25.000 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 3,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Automobilbranche in Deutschland mit knapp 800.000 Beschäftigten brachte es auf rund 400 Milliarden Euro Umsatz. Da ist die Biotechnologie noch überschaubar. Genau in dieser Nische ist die Febikon Labortechnik GmbH mit Sitz in Wermelskirchen ansässig. Die Biotechnologie ist bereits jetzt zu einer Schlüsseltechnologie weltweit herangewachsen. Fast alle Strategien zur Bekämpfung der übelsten Krankheiten gehen den Weg über die Biotechnologie. Um diese Forschung aber erst zu ermöglichen, werden spezielle Laboreinrichtungen benötigt, die im Hause Febikon gemeinsam mit Kunden entwickelt und anschließend in der eigenen mechanischen Fertigung auf modernen CNC-gesteuerten Maschinen produziert werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Paas Ja, natürlich. Das neueste Produkt aus unserem Hause ist ein Gerät für die Medizinsparte: Eine spezielle Gelelektrophoresekammer erlaubt eine schnelle Differenzierung der Proteinurie. Der Schwerpunkt des Einsatzes hierbei liegt im Bereich der nephrologischen Basisdiagnostik von nierentransplantierten Patienten.

Das hört sich kompliziert an...

Paas Das ist es auch. Einfach ausgedrückt: Dieser Nachweis erlaubt eine wesentlich verbesserte Medikation der Patienten.

Dann haben Sie ja offensichtlich ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich...

Paas Richtig. Das abgelaufene Geschäftsjahr 2017 übertrifft alle Erwartungen; mit deutlich weniger Personaleinsatz konnte der Umsatz branchenüblich um sieben Prozent und das Betriebsergebnis sogar um mehr als 20 Prozent gesteigert werden.

Wie hat sich dieses Ergebnis auf Ihre Mitarbeiter ausgewirkt?

Paas Ganz zur Freude der Mitarbeiter: Es wurde keine einzige Überstunde abverlangt, und bereits in der ersten Jahreshälfte konnten durchaus angenehme Prämien ausgezahlt werden. Grund für dieses gute Geschäftsjahr ist unter anderem eine überarbeitete Produktionsstrategie, aber auch gezielte Investitionen in modernste Maschinenkapazitäten gleich zu Jahresanfang.

Planen Sie auch Investitionen in 2018?

Paas In diesem Jahr sind sowohl Ersatz- als auch Neuinvestitionen geplant. Mit hoher Wahrscheinlichkeit beschreitet Febikon Neuland durch die Anschaffung additiver Fertigungstechnologie speziell für Kunststoffprodukte. Durch die relativ niedrigen Anschaffungskosten dieser Anlagen ist eine Produktion von Artikeln für den Laborbereich damit möglich geworden, wobei sämtliche Investitionen im Hause Febikon über die sogenannte Innenfinanzierung abgewickelt werden.

Wie beurteilen Sie den Arbeitsmarkt in Deutschland?

Paas Gute Mitarbeiter sind nur noch schwer zu finden. Was übrigens kaum nachvollziehbar ist; in Deutschland sind aktuell weit über sechs Millionen Menschen ohne Arbeit. Bezogen auf die Zahl der Erwerbstätigen entspricht das in etwa 15 Prozent. Alle unfähig, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen? Ich glaube nicht! Bleibt nur zu wünschen, dass wir als Staat diese Menschen gezielt unterstützen und qualifizieren, um sie in die Gesellschaft der Beschäftigten wieder eingliedern zu können. Auf lange Sicht gesehen sicherlich der einzig gangbare Weg.

Fürchten Sie den Brexit?

Paas Der für uns sehr wichtige EU-Binnenmarkt verkleinert sich durch den Brexit. Ich persönlich erwarte, dass es ähnliche Probleme beim Warenverkehr mit den Briten geben wird, wie bereits seit langem mit der Schweiz. Wer Waren in die Schweiz ausführt oder von dort hier einführt, kennt die Problematik. Noch läuft das Geschäft in Deutschland mit den Briten, nur wie lange noch? Da können selbst die besten Mitarbeiter in den Unternehmen nichts beeinflussen.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Standort Wermelskirchen?

Paas Wermelskirchen ist von der geografischen Lage her ein sehr guter Produktionsstandort. Qualifizierte und begeisterungsfähige Mitarbeiter finden sich in und um Wermelskirchen - es ist aber anzunehmen, dass durch die recht komplizierte Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und der Politik, die in meinen Augen systembedingt ist, sowohl die Gewerbesteuer als auch die Grundsteuer rasant ansteigen lassen wird. Und das wäre katastrophal.

Welche katastrophalen Auswirkungen auf Wermelskirchen befürchten Sie?

Paas Als Unternehmer fürchtet man das Damoklesschwert der nicht kalkulierbaren kommunalen Kosten und Ausgaben. Mehr noch: Die monetäre Entwicklung unseres städtischen Haushaltes wird dadurch, dass über 40 Prozent der gesamten Fläche Wermelskirchens als Wasserschutzzone ausgewiesen sind, nicht gerade positiv beeinflusst. Wir Wermelskirchener leisten einen enormen Beitrag zur qualitativ hohen und sicheren Wasserversorgung von geschätzten 700.000 Menschen im Umkreis. Leider erhalten wir für diese Benachteiligung keine regelmäßigen Ausgleichszahlungen seitens der Wasserversorgungsverbände. Diese Gelder werden doch so dringend benötigt und wir haben sie für die vergangenen 30 Jahre Benachteiligung mehr als verdient.

Wie sollte Ihrer Meinung nach die Gewerbesteuer berechnet werden?

Paas Hohe Erträge haben immer den negativen Beigeschmack, hohe Gewerbesteuern zahlen zu müssen. Das wäre soweit in Ordnung, gäbe es hier eine flächendeckende Chancengleichheit. Unternehmen etwa in Monheim zahlen vergleichsweise geringe Gewerbesteuern, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der dort ansässigen Unternehmen stärkt. Leider ist die Politik weder Willens noch in der Lage den Missstand bei der Gewerbesteuer zu eliminieren.

BERND GEISLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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