Wermelskirchen Konsumschuldner gehen in die Insolvenz

Wermelskirchen · Die Schuldnerberatung meldete im ersten Quartal schon 25 Privatinsolvenzen an. Im Schnitt sind es in Wermelskirchen im Jahr 35 bis 55. Ein frühes Gespräch muss nicht unbedingt in einem Insolvenzantrag münden.

 Der Schritt in die Privatinsolvenz muss nicht immer sein. Die Schuldnerberatung hilft bei Problemen, wenn sie nicht auf die lange Bank geschoben wurden.

Der Schritt in die Privatinsolvenz muss nicht immer sein. Die Schuldnerberatung hilft bei Problemen, wenn sie nicht auf die lange Bank geschoben wurden.

Foto: Seybert

Im ersten Quartal meldete die Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt Rhein-Oberberg (AWO) in Wermelskirchen 25 Privatinsolvenzen an. Im gesamten Jahr 2014 waren es nur 23 Fälle. "Die Zahlen der angemeldeten Insolvenzen sind immer schwankend. Hierzu muss gesagt sein, dass das vergangene Jahr mit so wenig Fällen die Ausnahme war. Normalerweise bewegen wir uns in Wermelskirchen zwischen 35 und 55 Privatinsolvenzen im Jahr", berichtet AWO-Schuldnerberaterin Jutta Paulig im BM-Gespräch.

Schuld an der momentan hohen Zahl an Privatinsolvenzen sei eine Gesetzesänderung aus dem vergangenen Jahr. Zum 1. Juli 2014 trat die zweite Insolvenzrechts-Reform in Kraft. Danach können Privatinsolvenzen nun von sechs auf fünf oder sogar drei Jahre verkürzt werden. "Das Ganze hat aber einen Haken", weiß Paulig. "Es werden nämlich auch einige neue Hürden auf dem Weg zur Restschuldbefreiung eingebaut. Jetzt zählen auch normale Schulden beim Finanzamt und Unterhaltsrückstände als unerlaubte Handlungen", erklärt Paulig.

Zu diesen gehörten vorher nur Ansprüche aus vorsätzlich begangenen Handlungen wie Geldstrafen. Diese und einige weitere Änderungen würden dafür sorgen, dass die Abläufe bei Insolvenzverfahren an vielen Stellen schwerer vorauszusehen seien. "Egal, wie die Theorie ist - die Praxis sieht oft ganz anders aus", weiß Paulig. Ob die Reform so bestehen bleibe, sei unsicher. Schon eine große Änderung im Jahr 2001 sei nicht umsetzbar gewesen und deshalb nach wenigen Jahren wieder abgeschafft worden.

Wenn man die momentanen Zahlen auf die verbleibenden Monate hochrechnet, kommt die AWO-Schuldnerberatung am Ende des Jahres auf eine dreistellige Zahl an Privatinsolvenzen. So weit wird es laut Paulig aber nicht kommen. Weil nicht abzusehen gewesen sei, wie sich die Reform in der Praxis auswirkt, habe man einige Privatinsolvenzen zum Schutz der Schuldner zurückgehalten. "So erklären sich sowohl die wenigen Privatinsolvenzen aus dem Vorjahr als auch der größere Schub jetzt", sagt Paulig. Die Schuldnerberaterin erwartet, dass man am Ende 2015 wieder auf dem Niveau von 2013 sei. Damals meldete die AWO 52 Privatinsolvenzen an.

Bei den meisten der Insolvenzen in Wermelskirchen handelt es sich um "Konsumschuldner". Diese seien oft von einer Erkrankung, einer Scheidung oder einem Arbeitsplatzverlust betroffen und würden die Probleme dann auf die lange Bank schieben. "Viele versuchen auch, alleine Lösungen zu finden. Das klappt nur meistens nicht so, wie gewünscht", berichtet Paulig. Deshalb sollten alle Menschen, die sich in einer finanziell schwierigen Lage befinden, eine Schuldnerberatung aufsuchen. Eine Beratung heiße noch lange nicht, dass wirklich der Gang in die Insolvenz bevorstehe. "Im Laufe der Zeit reduzieren sich die Handlungs-Möglichkeiten nur immer weiter. Je eher die Leute kommen, desto besser können wir helfen", erklärt Paulig.

(kron)
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