Wermelskirchen Lebensmittelkontrolleur bei der Arbeit

Wermelskirchen · Der Wermelskirchener Hans Peter Riedmiller ist Vorsitzender des Landesverbandes der Lebensmittelkontrolleure im öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen. Von der "Ampel" für lebensmittelverarbeitende Betriebe hält er nichts.

 Hans Peter Riedmiller bei einer Kontrolle in einer Backstube. Lebensmittelkontrolleure nehmen nicht nur Speisen unter die Lupe. Auf ihrer Agenda stehen auch Tabakwaren, Kosmetika, Textilien, Schmuck, Pizzakartons oder Coffee-to-go-Becher.

Hans Peter Riedmiller bei einer Kontrolle in einer Backstube. Lebensmittelkontrolleure nehmen nicht nur Speisen unter die Lupe. Auf ihrer Agenda stehen auch Tabakwaren, Kosmetika, Textilien, Schmuck, Pizzakartons oder Coffee-to-go-Becher.

Foto: moll

Die Aussage "Grün ist schön für die Verbraucher" meint Hans Peter Riedmiller keineswegs parteipolitisch. Vielmehr bezieht sich der Vorsitzende des Landesverbandes der Lebensmittelkontrolleure und -kontrolleurinnen im öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen (LVLK) auf die gesetzliche Regelung der "Ampel" für lebensmittelverarbeitende Betriebe.

Der Wermelskirchener arbeitet für das Bergische Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Solingen, das sowohl für die Klingenstadt als auch für Remscheid und Wuppertal zuständig ist. Diese Behörde ist nach Köln und Düsseldorf NRWs zweitgrößte ihrer Art. Seit 2003 gehört der gebürtige Allgäuer, der im ländlichen Süppelbach seine Heimat gefunden hat, dem LVLK-Vorstand an und ist seit drei Jahren Vorsitzender.

In dieser ehrenamtlichen Funktion war Riedmiller im vergangenen Jahr hochgerechnet 56 Tage unterwegs, um auch mit Politikern über das rot-gelb-grüne Barometer zu sprechen. Zufrieden zeigt sich der Vorsitzende mit dem von der Landesregierung verabschiedeten Gesetz nicht, Riedmiller sieht darin falsche Gewichtungen.

Das Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz (KTG) will die Resultate der behördlichen Prüfungen für den Verbraucher sichtbar machen. Nach einer dreijährigen Übergangsfrist wird das Barometer verpflichtend. Dann weist ein Aushang im Eingangsbereich auf das jüngste Kontrollergebnis hin - ein Pfeil signalisiert die Farbe. Dazu finden Verbraucher genauere Informationen im Internet.

Zugrunde liegt ein seit 2006 gültiges Punktesystem (Risikobeurteilung), nach dem die Lebenskontrolleure bewerten. "Ich bin vollkommen gegen dieses Gesetz, weil es nicht differenziert genug und nicht ausgereift ist. Das sehen Innungen sowie der Hotel- und Gaststättenverband genauso", sagt Hans Peter Riedmiller. Die Verbraucher-Meinung, dass sich das Barometer auf die Hygiene beziehe, sei nachvollziehbar, aber falsch. "Das Gesetz birgt ein krasses Missverhältnis. Stellen wir bei der Prüfung Schädlingsbefall fest, handelt sich der überprüfte Betrieb drei Punkte ein", erläutert Riedmiller. Hingegen die Nicht-Einhaltung der Dokumentation der Temperatur bringe sechs Punkte, obwohl die tatsächlich gemessene Temperatur möglicherweise vollkommen in Ordnung sei und diese letztlich für den Verbraucher auch die größere Rolle spiele. Ein Sachverhalt könne direkt zur Punktevergabe in mehreren Wertungsbereichen führen, was sich schließlich summiere - ab 37 Punkten gibt es Gelb. "Industriebetriebe bekommen das in der Regel mit Dienstplänen und ihrer guten Organisation hin. Aber wird in einem von der Familie geführten, kleinen Imbiss einer krank, kann eine Dokumentation schon mal vergessen werden - die Betreiber wissen ja, dass sie gereinigt haben oder die Temperatur stimmt. Diese bekommen dann dennoch eine schlechte Bewertung beispielsweise bei Dokumentation und Unternehmensführung, obwohl die Lebensmittel vollkommen in Ordnung sind", sagt der 55-Jährige und schüttelt mit dem Kopf. Für einen solchen Betrieb bedeute ein Barometer mit Geld-Markierung schnell das Aus.

Dass sich durch die Risikobeurteilung beispielsweise die Kontrollfristen bei denen verkürzen, die bei einer Prüfung negativ aufgefallen sind, begrüßt Hans Peter Riedmiller. Aber: "Wir machen eine Bewertung, können jedoch Kontrollfrequenzen nicht einhalten. Dadurch führt sich das System selbst ad absurdum." Die Lebensmittelkontrolleure verfügen in NRW rechnerisch über 354 Vollzeitstellen. "Mindestens 500 sind nötig", fordert der LVLK-Vorsitzende, der sich und seine Kollegen eher als Verbraucherschützer sieht.

"Die Bezeichnung Lebensmittelüberwachung ist angesichts unserer Aufgaben irreführend", sagt Riedmiller. Der Grund: Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure nehmen längst nicht nur Speisen und deren Verarbeitung unter die Lupe. Auf ihrer Agenda stehen genauso Tabakwaren und Kosmetika oder auch Bedarfsgegenstände wie Textilien, Schmuck, Pizzakartons oder Coffee-to-go-Becher.

"Natürlich kommen wir bei unseren Kontrollen immer ungelegen. Aber Gespräche und Einsicht helfen allen Beteiligten weiter. Unternehmer, die wir kontrollieren, sollen uns auf Augenhöhe begegnen und nicht als Untergebene", wünscht sich Hans Peter Riedmiller.

(sng)
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