Wermelskirchen Mehr Gewaltübergriffe auf Lebenspartner

Wermelskirchen · 27 Fälle von häuslicher Gewalt wurden der Polizei 2014 bislang gemeldet, meist schlagen Männer zu. Frauen kostet es Überwindung, Hilfe zu suchen - zum Beispiel bei der Beratungsstelle "Frauen-Zimmer".

 In 90 Prozent der Fälle sind es Männer, die gewalttätig werden. 27 Fälle von häuslicher Gewalt wurden der Polizei 2014 bereits gemeldet.

In 90 Prozent der Fälle sind es Männer, die gewalttätig werden. 27 Fälle von häuslicher Gewalt wurden der Polizei 2014 bereits gemeldet.

Foto: Dpa

Der jüngste Vorfall liegt gerade einmal knapp eine Woche zurück: Ein Wermelskirchener Ehepaar gerät abends in Streit, plötzlich eskaliert die Situation: Der stark angetrunkene Mann (42) geht auf seine Frau (54) los, er schlägt und tritt sie und setzt sie schließlich vor die Türe. Die Polizei verweist den aggressiven Mann später der Wohnung, er darf zehn Tage lang nicht zurückkehren. Das will er aber nicht akzeptieren: Bereits wenige Minuten später steht er erneut vor der Haustür und randaliert. Der Mann wird in Gewahrsam genommen.

Es ist ein Beispiel von vielen, die sich in Wermelskirchen immer wieder ereignen. In den ersten sieben Monaten wurden der Polizei 27 Fälle von häuslicher Gewalt gemeldet. Im gesamten Vorjahr waren es 41 Fälle. Kreisweit registrierte die Polizei von Januar bis Juli 121 Fälle, 2013 waren es 235 Einsätze. Erfreulich: Anders als früher nehmen mehr Opfer die Hilfe von Polizei und Beratungsstellen in Anspruch. "40 Prozent der Opfer in diesem Jahr haben sich beraten lassen", sagt Polizeisprecher Peter Raubuch. In 66 Prozent der Fälle wurde die gewalttätige Person der Wohnung verwiesen.

In 90 Prozent der Fälle sind es Männer, die gewalttätig werden und zuschlagen, berichtet Susanne Krämer, Opferschutzbeauftragte bei der Kreispolizei. Es gebe zwar immer noch viele Fälle, in denen sich Opfer von häuslicher Gewalt niemandem anvertrauen. "Diese Dunkelziffer wird aber kleiner. Es werden mehr Anzeigen erstattet", sagt Krämer. Es sei festzustellen, dass auch kleinere Ausschreitungen, zum Beispiel eine Ohrfeige, zu einer Anzeige führen. "Diese Anzeigen nehmen wir genauso ernst wie jede andere Anzeige auch", betont die Opferschutzbeauftragte.

Etwa 20 Prozent der gewalttätigen Personen seien unbelehrbar. Ihr Name tauche immer wieder in den Einsatzprotokollen der Polizei auf. Erhält die Polizei Hinweise über häusliche Gewalt, schauen sich Polizisten die Situation vor Ort an. "Wir stellen ein Rückkehrverbot aus, wenn akute Gefahr dadurch abgewendet werden kann", erklärt Krämer. Außerdem werde der gewalttätigen Person angedroht, ein Zwangsgeld von 500 Euro zahlen zu müssen, falls sie sich nicht an das Verbot hält. "Diese Maßnahme halte ich auch für wichtig. Ein Verweis schreckt ab und hinterlässt Eindruck", betont Krämer.

Was sind Auslöser für häusliche Gewalt? Die Polizei stellt fest, dass häufig finanzielle Probleme, Eifersucht oder auch Probleme im Job zu gewalttätigen Übergriffen führen. Starker Alkoholgenuss ist ebenfalls Bestandteil des Problems. Krämer: "Alkohol wirkt enthemmend, es kann schneller zu Streit oder Eskalationen kommen."

Die Beratungsstelle "Frauen-Zimmer" in Burscheid hilft auch Frauen aus Wermelskirchen, die von ihren Partnern geschlagen werden. Sie bietet Information, Beratung und Unterstützung in psychischen und sozialen Problemsituationen. "Frauen brauchen eine Vertrauensperson, mit der sie reden können, um das Erlebte zu verarbeiten", erklärt Beraterin Ruth Busch. "Frauen-Zimmer" hilft Gewaltopfern in Wermelskirchen, Burscheid, Leichlingen und Odenthal - bei Behördengängen, beim Umzug, bei Rechtsfragen oder auch bei finanziellen Problemen. Die Beratung soll Frauen ermutigen, sich ihrer Fähigkeiten und Stärken bewusst zu werden. "Wir bieten Rat und Hilfe bei dem Wunsch nach einer eigenverantwortlichen Lebensgestaltung", sagt Busch. Etwa 150 Fälle behandelt das Team pro Jahr. Die Beratung ist kostenfrei, vertraulich und auf Wunsch anonym. Sprechzeiten sind nach Vereinbarung auch in Wermelskirchen möglich.

Ruth Busch stellt ebenfalls fest, dass sich mittlerweile mehr Frauen trauen, professionelle Hilfe zu suchen. "Die Dunkelziffer ist zwar noch sehr hoch. Es ist aber zu erkennen, dass immer mehr Opfer konsequent handeln und die Fälle melden", sagt sie.

(RP)
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