Bernd Hibst "Nicht aus der Portokasse zu bezahlen"

Wermelskirchen · Die Stadt hat Millionen-Investitionen für Schulentwicklung, Brandschutz, Hallenbad-Neubau und Bau von Kunstrasenplätzen vor der Brust. Wie die Umsetzung trotz knapper Kassen überhaupt funktionieren kann, erläutert Stadtkämmerer Bernd Hibst.

Herr Hibst, wie ist die aktuelle Haushaltsituation der Stadt Wermelskirchen? Liegen Sie mit Ihren Zahlen im Plan?

Hibst Die Stadt befindet sich in einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept, das einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2020 vorsieht. Aktuell gibt es keine Anzeichen für gravierende Verbesserungen oder Verschlechterungen gegenüber der Planung. Deutliche Abweichungen werden aufgrund geringerer Fallzahlen lediglich im Rahmen der Flüchtlingssituation erwartet. Hier ist aber davon auszugehen, dass diese Entwicklung haushaltsneutral verläuft, sich also die geringeren Aufwendungen mit den dadurch sinkenden Kostenerstattungen ausgleichen. In diesem Jahr müssen wir mit einem Defizit von etwa 4,3 Millionen Euro rechnen.

Wie wollen Sie die finanziellen Herausforderungen stemmen? Lassen Sie uns bitte über die einzelnen Großprojekte reden.

Hibst Gerne.

Ein neues Hallenbad könnte bis zu zehn Millionen Euro kosten. Dieses Geld haben Sie noch gar nicht im Plan, oder?

Hibst Das ist in Bezug auf die Baukosten richtig. Es wurden lediglich Planungskosten für 2017 und 2018 berücksichtigt. Hier war zunächst die Standortentscheidung für den oberen Tennenplatz im Eifgen zu treffen, was nunmehr geschehen ist. Aufgabe der Verwaltung ist es jetzt, eine solide Betrachtung der Investitionskosten und der Folgekosten auf Basis einer fundierten Kostenberechnung vorzunehmen. Nur mit einer guten und verlässlichen Datengrundlage können die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Neubaus seriös ermittelt werden. Dabei muss sich die Investition für die Stadt gegenüber dem aktuellen Stand wirtschaftlich positiv darstellen - denn nur so ist diese Maßnahme genehmigungsfähig.

Gelten für den Bau von Kunstrasenplätzen die gleichen Rahmenbedingungen?

Hibst Für den Bau des Kunstrasenplatzes in Dabringhausen sowie für den Bau eines solchen Platzes im Eifgen wurde genau diese Wirtschaftlichkeit dargelegt. Der neue Platz in Dabringhausen konnte nur durch ein hohes Engagement des DTV ermöglicht werden. Hier erfolgte eine deutliche Beteiligung des Vereins an den Baukosten sowie eine vertragliche Verpflichtung zur Übernahme von Pflegeleistungen, die zu realistischen Einsparungen führen. Die Rahmenbedingungen für den Bau eines Kunstrasens im Eifgen wurden ebenfalls bereits durch einen Ratsbeschluss festgelegt. Weitere Kunstrasenplätze oder "Grüne Asche" sind nicht ausgeschlossen, wenn sich auch diese Maßnahmen durch ein verbindliches Engagement der Vereine auch für die städtischen Finanzen als wirtschaftlich sinnvoll erweisen.

Anders sieht das beim Bau einer neuen Feuerwache in Dabringhausen aus, oder?

Hibst Für den Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses in Dabringhausen haben wir etwas mehr als 1,5 Millionen Euro zuzüglich des Grunderwerbs im Haushalt berücksichtigt. Eine zügige Umsetzung ist im Interesse aller Bürger. Die bisherigen Feuerwehrgerätehäuser in Kreckersweg und Dabringhausen müssen zwingend durch einen Neubau ersetzt werden. Das gute Engagement der Freiwilligen Feuerwehr ist wichtig für die Sicherstellung des Brandschutzes in Dabringhausen. Hier kann man den ehrenamtlichen Kollegen gar nicht genug für ihren Einsatz danken. Umso mehr sehen wir die Notwendigkeit, diesen Neubau zeitnah zu realisieren.

Welche finanziellen Herausforderungen sehen Sie mit Blick auf die Schullandschaft?

Hibst Neben einer erforderlichen Gebäudeunterhaltung der vorhandenen Schulen sehe ich zum Beispiel die gestiegenen Anforderungen an eine zukunftsfähige EDV-Ausstattung der Schulen. Um eine faire und sachgerechte Ermittlung erforderlicher und angemessener Ausstattungsstandards zu gewährleisten, wird mit externer Unterstützung ein Medienentwicklungsplan aufgestellt. Dieser stellt ebenfalls eine Voraussetzung dar, um erhoffte und für 2018 avisierte Fördermittel in Anspruch nehmen zu können.

Ohne finanzielle Unterstützung geht es nicht?

Hibst Nein, nur mit städtischen Mitteln alleine ist diese Aufgabe insbesondere im Haushaltssicherungskonzept nicht akzeptabel zu bewältigen. Eine gute Ausbildung von Kindern und Jugendlichen ist eine wichtige Aufgabe, die auch vor dem Hintergrund der Chancengleichheit zu sehen ist. Vereinzelt besteht auch eine großzügige Bereitschaft von Unternehmen, sich mit Spenden einzubringen, um uns bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Dafür sind wir mehr als dankbar.

Wie schwierig wird die Erweiterung der Sekundarschule?

Hibst Die Sekundarschule stellt eine große finanzielle Herausforderung dar. Im Haushalt sind Planungskosten und erste Baukosten für einen Neubau berücksichtigt. Derzeit ist die Verwaltung damit beauftragt, den zuständigen Gremien eine umfassende Sitzungsvorlage vorzulegen, um nach der Sommerpause eine fundierte Entscheidung hinsichtlich des Standorts und der bevorzugten baulichen Variante zu ermöglichen. Dabei muss uns allen klar sein, dass diese erhebliche Investition in die Zukunft der Stadt nicht aus der Portokasse bezahlt werden kann.

Spielen Sie damit auf Steuererhöhungen an? In welchem Umfang werden diese erforderlich?

Hibst Eine Finanzierung dieser Maßnahmen ohne Steuererhöhungen ist leider nicht möglich, das wurde auch immer schon so kommuniziert. Im Rahmen der Sitzungsvorlage wird die Verwaltung konkret auf dieses Erfordernis eingehen. Eine gute Schullandschaft und eine gute Infrastruktur gibt es halt nicht zum Nulltarif.

Ist es für Sie in Ordnung, immer Wasser in den Wein gießen zu müssen?

Hibst Ich bin es Einwohnern, Bürgern, Steuerpflichtigen und der Politik schuldig, ehrlich mit der finanziellen Situation umzugehen.

Sebastian Radermacher führte das Gespräch.

(RP)
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