Wermelskirchen Trotz tiefer Trauer Trost finden

Wermelskirchen · Im Begegnungsprojekt "Delfin" tauschen sich verwaiste Eltern monatlich aus, finden Halt und neuen Mut. Das Treffen tut gut - zu wissen, dass man nicht alleine ist, dass es auch andere gibt, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen, hilft.

 In der Selbsthilfegruppe delfin - einem Gesprächskreis für trauernde Menschen - wird auch viel gelacht. Das hilft, haben auch Britta Kowalewske sowie Udo und Beate Haldenwang (v.l.) festgestellt.

In der Selbsthilfegruppe delfin - einem Gesprächskreis für trauernde Menschen - wird auch viel gelacht. Das hilft, haben auch Britta Kowalewske sowie Udo und Beate Haldenwang (v.l.) festgestellt.

Foto: moll

Ein Kind verändert das ganze Leben. "Schon mit dem positiven Schwangerschaftstest habe ich mir seine Zukunft ausgemalt. Und dann war plötzlich alles dahin und die Zukunft weg." Wenn Britta Kowalewske über die Totgeburt ihres Kindes spricht, schimmert eine tiefe Trauer in ihren Augen. Sie weint nicht. Nicht mehr. Nicht in diesem Moment. Doch ihr durchdringender Blick verrät den tiefen Schmerz, den sie seitdem mit sich trägt, den Kampf, den sie täglich mit sich ausfechtet, um stark zu bleiben. Für sich, ihre Familie. Für den nachgeborenen Sohn, der sie braucht. Ihre Augen fixieren unbewusst wie Dolche ihr Gegenüber.

Auch viele Jahre nach diesem Erlebnis ist das Kind, dass sie neun Monate unter ihrem Herzen trug, präsent. Das Kind, das sie danach bekam, wächst mit dem Wissen über einen älteren Bruder auf. Eigentlich, denkt sich der Bekanntenkreis, könne sie jetzt glücklich sein. Sie hat ein Kind. "Aber es wären eigentlich zwei. Und egal, wo man ist, man denkt immer, er könnte jetzt auch dabei sein", sagt die 43-Jährige. Sie hält inne. "So etwas überwindet man nie, man lernt nur, den Schmerz auszuhalten."

Im Begegnungsprojekt Delfin, einer Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern, kann Kowalewske offen über ihre Gefühle und Gedanken sprechen. Hier trifft sie sich einmal im Monat unter ihresgleichen, mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal durchleben mussten, die wissen, wie sich ein solcher Verlust anfühlt. Auch Jahrzehnte danach.

Udo und Beate Haldenwang (59 und 55 Jahre) gründeten die Gruppe 2002, nachdem sie selbst ihren Sohn Michael verloren. "Wenn ein Kind stirbt, zerstört dies nicht nur unsere Hoffnung und Träume für die Zukunft, sondern zwingt uns zugleich, uns einem Ereignis zu stellen, das wir nicht zu akzeptieren bereit sind", zitiert Udo Haldenwang aus einem Text von Christoph Student. Die Anwesenden nicken stillschweigend. Zustimmung. An einem großen Tisch haben sie es sich gemütlich gemacht. Tee und Kaffee werden gereicht, Knabbereien stehen auf dem Tisch. Das Ambiente ist familiär und einladend, die Stimmung der Anwesenden wechselt von Trauer über Wut bis hin zu Resignation und schwarzem Humor. Dann und wann wird hier auch gelacht. "Eigentlich mehr als man als Außenstehender vermuten würde", sagt Beate Haldenwang.

Manchmal überlegen sie, wie sie flüchtigen Bekannten bei unbequemen Fragen hätten besser begegnen können. In einigen Situationen hätte ihnen ein kecker Spruch sicherlich mehr Stärke verliehen, als stillschweigend zu nicken. Es wird deutlich, dass ihnen eigentlich gut gemeinte oder einfach unbedachte Fragen weh tun. Verständlicherweise reagieren sie sensibel darauf, wenn das verstorbene Kind von ihrer Umwelt regelrecht totgeschwiegen wird. Jeder gehe anders mit seiner Trauer um, erklärt die Gruppengründerin. Einige stießen erst Jahre nach einem solchen Schicksalsschlag zur Gruppe, manche kämen zwei, drei Mal, andere blieben über Jahre. Doch ihnen allen helfe das monatliche Treffen im Gemeindehaus Dabringhausen, , sagen Haldenwangs. Es tue zwar weh, immer wieder darüber zu sprechen und durch Berichte der Anwesenden immer wieder den eigenen Verlust durchleben zu müssen. "Aber der Austausch tut auch gut", sagt Kowalewske." Zu wissen, dass man nicht allein ist, dass es auch andere gibt, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen, gibt großen Halt."

(RP)
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