Wermelskirchen Vierköpfige Familie abgeschoben - Flüchtlingsinitiative reagiert entsetzt
Wermelskirchen · Eine Familie mit zwei Kindern von der Neuschäferhöhe wurde gestern Morgen mit einem großen Polizeiaufgebot abgeholt. Sie muss zurück nach Mazedonien.
Cornelia Seng und die Mitstreiter der Initiative "Willkommen in Wermelskirchen" sind fassungslos: "Am Donnerstag ist eine Familie mit zwei Kindern aus ihrer Wohnung an der Neuschäferhöhe von einem großen Polizei- und Behördenaufgebot festgenommen und zur Abschiebung nach Mazedonien abtransportiert worden", teilte die Initiative mit. Nachbarn hätten mit Unverständnis reagiert, eine Übersetzerin der Initiative von Christen für Flüchtlinge und Asylsuchende sei völlig überrascht gewesen und habe sich nur kurz von der Familie verabschieden können.
"Wir sind zutiefst verärgert über dieses inhumane und völlig unverhältnismäßige Vorgehen der Ausländerbehörde", meinte Seng. Falls die Familie tatsächlich ausreisepflichtig gewesen sei, hätte es laut Seng andere Wege gegeben, um eine Ausreise zu veranlassen. Entsprechende Angebote der Initiative seien von der Ausländerbehörde nicht genutzt worden. "So wurden in hohem Maße Steuermittel und Arbeitsstunden der Polizei unsinnig vergeudet", meinte Seng. "Und die Traumatisierung der Kinder wurde bewusst in Kauf genommen."
Die Abschiebung gestern Morgen sei unverständlich gewesen, denn die Familie sei für 9 Uhr zu einem Termin bei der Ausländerbehörde nach Bergisch Gladbach bestellt worden. Die Flüchtlingsinitiative hatte dafür einen Fahrdienst und eine Dolmetscherin organisiert. "Entweder weiß im Ausländeramt der eine nicht, was der andere tut", sagte Seng, "oder es war ein verlogener Trick, um die Familie in Sicherheit zu wiegen und vorher abzuschieben." Als die Übersetzerin gegen 7 Uhr bei der Familie eintraf, sei sie Zeugin der Abschiebung geworden. Seng: "Sie wollte das neunjährige, mehrfach behinderte Kind zum Schulbus begleiten und musste dann mit ansehen, wie die Familie weggebracht wurde." Durch die Vermittlung der Initiative war die Familie im Frühjahr 2015 in die Wohnung eingezogen. Von dort aus besuchten die Kinder die Schule.
Die Kreisverwaltung teilte mit, dass ein rechtskräftig abgelehnter Asylantrag der Familie vorlag. Diese Entscheidung habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getroffen. Es sei seit knapp einem Jahr klar gewesen, dass die Familie Deutschland verlassen müsse. "Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Abschiebung letztlich durchzuführen. Das ist für alle Beteiligten ein schlimmer Vorgang", betonte Kreissprecher Alexander Schiele. "Den betroffenen Menschen wird im Vorfeld mehrfach deutlich gemacht, dass die Abschiebung passieren wird." Ein genauer Termin dürfe nach dem neuen Asylgesetz im Vorfeld nicht genannt werden.
Erhält eine Familie eine kurzzeitige Verlängerung der Duldung, stelle das System der Ausländerbehörde automatisch einen neuen Termin aus, an dem sie sich wieder melden muss. Aus diesem Grund hatte die Familie von der Neuschäferhöhe einen Termin für gestern, 9 Uhr.
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