Ansichtssache Wann sagt die Stadt dem Bürger, was er wirklich zahlen muss?

Meinung | Wermelskirchen · Politiker ziehen in die Polizeiwache um; das Hallenbad scheint den Bach runterzugehen; Handballfans werden vergrault - und über allem schwebt das Damoklesschwert, wie die Bürger zur Kasse gebeten werden müssen.

Ansichtssache: Wann sagt die Stadt dem Bürger, was er wirklich zahlen muss?
Foto: Moll Jürgen

Und noch ne Baustelle. Plötzlich ziehen die Fraktionen des Stadtrates in die ehemalige Polizeiwache um. Klamm und heimlich. Mal eben im Ältestenrat beschlossen. Ein Konzept, wie es mit dem Gebäude weitergehen soll, gibt es nicht. Sollte es ein Konzept geben, wird es der Öffentlichkeit vorenthalten. Erst neuer VHS-Standort, dann temporäre Flüchtlingsunterkunft, wobei dieser Zeitraum angesichts der schleppenden Neuschaffung von Wohnraum wohl doch verlängert wird, denn der Ältestenrat knickt ein. Und nun neues Domizil der Fraktionen. Drei wollen im April umziehen, weitere werden folgen. Sicher nicht für ein paar Monate. Dafür wird wohl zu viel investiert. Damit wären erst einmal Räume blockiert.

Ein Jahr hat die Stadtverwaltung Zeit, neue Räumlichkeiten für die VHS Bergisch Land zu finden. Dann wird der Pavillon an der Realschule abgerissen. Die Halbwertzeit fürs nächste Domizil sollte schon das Jahrzehnt erreichen. Das sollte uns die VHS wert sein. Und die Polizeiwache? Sie scheint jene variable Masse zu werden, die die Stadt braucht, um hier oder da mal Räume vorzuhalten. Trotzdem muss ein Konzept her. Und das muss nicht nur von der Politik, sondern auch von den Bürgern getragen werden.

Ein Konzept scheint fürs Hallenbad derzeit auch zu fehlen. Es wird so richtig runtergewirtschaftet. Das Standing geht in der Bevölkerung jedenfalls verloren. Die Sauna ist auf dem absteigenden Ast - das wirkt inzwischen so wie Absicht. Denn im neuen Hallenbad soll es ja keine Sauna mehr geben. Schade, denn es gibt auch in Wermelskirchen ein Publikum für eine Sauna. Das scheint man aber im Stadtrat nicht erkannt zu haben. Wichtige Multiplikatoren werden vergrault. Egal, scheint man da zu denken. Nur: Wer einmal weg ist, kommt nicht wieder. Aber das scheinen die Verantwortlichen immer noch nicht begriffen zu haben. Kleinstadt mit Herz ist da jedenfalls fehl am Platz.

Ach ja, Wermelskirchen ist auf dem Weg zur sportunfreundlichen Stadt. Gut, endlich gibt es Kunstrasenplätze. Aber Fußball ist nicht alles. Aber Handballer werden vergrault. Das ewige Thema Harz. Zu Zeiten, als der WTV oder der TuS höherklassig spielten, hätte es mal ein Machtwort gegeben - hier werden plötzlich Hallen geschlossen. Was soll das? Der Weg ist doch dann vorgezeichnet: Leistungs-Handballsport nicht mehr in Wermelskirchen. Also fahren die Interessierten in die Nachbarstädte und machen um heimische Hallen einen großen Bogen. Erst die Erwachsenen, und dann rückt der Nachwuchs nach. Ist das das Ziel des Stadtrates?

Oder muss einem erst die Pistole auf die Brust gesetzt werden? Wie bei dem jüngsten Kita-Beschluss mal eben für über sechs Millionen neue Kitas zu bauen. Konnexitätsprinzip? Darüber wird seit Jahrzehnten gestritten. Getan hat sich nichts. Vorausschauend planen - das ist es. Nicht erst eine Kita schließen und dann wieder öffnen.

Ach ja, dann ist da ja noch die Prioritätenliste. Über 200 Punkte werden da aufgelistet, hieß es jetzt im Stadtrat. Kosten in Höhe von 30 bis 40 Millionen Euro rollen da auf die Stadt zu. Bislang kein öffentliches Wort dazu. Wann will die Stadtverwaltung endlich mal den Bürgern reinen Wein einschenken und ihnen sagen, was auf sie zukommt?

(RP)
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