Das Besondere an der Kirmes in Wermelskirchen ist aber der Krammarkt. Alle Waren, die dort angeboten werden, können ganzjährig auch woanders gekauft werden. Und gerade in Zeiten des Internets ist ja alles zu jeder Zeit verfügbar. Vielleicht ist es nur ein nicht erklärbares Einkaufsgefühl, das den Markt so interessant macht. Das Angebot ist nicht nach Marketing-Richtlinien aufgebaut, sondern wild gemischt. Socken stehen neben Gewürzen und Popcorn direkt neben Pfannen.

Die Düfte von Bergkäse gehen nahtlos über zu gebrannten Mandeln und asiatischen Dufthölzern. Ein wildes Erlebnis für Augen und Nase. Nur auf der Kirmes gibt es Live-Vorführungen von "ausziehbaren Gartenschläuchen", dem "ultimativen Super-Multihobel", einem "streifenfreien Fensterreiniger" oder dem ganz erstaunlichen "Original Universalreiniger".

Es ist wie im Mittelalter. Die fliegenden Händler sind da, haben Waren aus aller Welt mitgebracht, und das Publikum staunt. "Ich bin jetzt fast 70, und die Gardinen haben wir immer auf dem Krammarkt gekauft", sagt Hanna Franke. Ihre Freundinnen nicken zustimmend. "Und auch unsere Eltern haben das so gemacht", erzählen sie. Peter Wilhelmi freut sich riesig über eine kleine Bürste. "Genau dieses Teil habe ich schon so lange gesucht", sagt er.

Dann kommt die andere Seite. "Den Umsatz des heutigen Tages möchte ich gar nicht ausrechnen." So lautet eine zufällig aufgeschnappte Aussage eines Händlers aus einem Verkaufswagen für Popcorn und gebrannten Mandeln am Samstagabend. "Der diesjährige Kirmestermin ist eigentlich optimal", sagt Aussteller Bernd Zösch.

"Die Ferien sind vorbei, und am Monatsende haben die Leute Geld bekommen." Seit 50 Jahren kommt seine Familie nach Wermelskirchen, um Korbwaren zu verkaufen. "Früher war das mal einer der besten Märkte in ganz Deutschland", erinnert sich Zösch. "Und früher war an einem Samstag hier kaum noch ein Durchkommen." Ein Gedränge gibt es an diesem verregneten Kirmessamstag wirklich nicht. Dann gibt Zösch noch ein Beispiel. "Mein Vater ist jetzt 81 und hat früher die Körbe selbst gefertigt. Für einen Einkaufskorb brauchte er vier Stunden. Den wollten wir für 39 Euro verkaufen - und das war den Kunden immer noch zu teuer." Frust und Unverständnis bei den Händlern ist die Folge.

"In spätestens zehn Jahren wird es die Märkte in dieser Form nicht mehr geben", sind sich andere Händler sicher. "Wir kennen uns ja durch viele gemeinsame Märkte", erzählen sie. "Viele haben schon aufgegeben oder versuchen jedes Jahr etwas Neues", sagen die alten Hasen im Marktgeschäft. "Vielleicht ist es der persönliche Kontakt zu dem Verkäufer, der auf einem Markt den Ausschlag gibt", sagt Gewürzhändler Mattis Schlicker.

Und dann gibt es noch die Rituale, die jedes Jahr dazu gehören. "Mindestens eine Wurst beim Lattner ist Pflicht", sagen die Leute, die in der Schlange stehen. Andere schwören auf das "legendäre Fischbrötchen", das auf jeden Fall zum Kirmesbesuch gehört. Auf meinem Einkaufszettel stehen Honigpfeffer und besondere Reinigungstücher. Beides hält erfahrungsgemäß exakt ein Jahr - bis zur nächsten Kirmes. Und immer, wenn ich beide Dinge benutze, fällt mir ein, wo ich das gekauft habe. Auf dem Krammarkt der Kirmes. Und jedes Jahr freue ich mich darauf, neuen Pfeffer und neue Tücher zu kaufen.