Analyse Wermelskirchen wird zur Lachnummer der Nation

Wermelskirchen · Mehr als ein halbes Jahr dauert die Planung für das von der Politik beschlossene Durchfahrtsverbot in der Telegrafenstraße. Dann tritt es in Kraft - und nach drei Wochen wird alles wieder zurückgenommen. Außenstehende können über diesen Schilder-Wahnsinn nur den Kopf schütteln.

Typisch Wermelskirchen - diese beiden Worte fassen die Diskussion über das Durchfahrtsverbot in der Telegrafenstraße und den aktuellen Beschluss, alles wieder rückgängig zu machen, am besten zusammen. So wird die Stadt in der Öffentlichkeit immer mehr zur Lachnummer.

Vor mehr als sieben (!) Monaten begann die politische Diskussion über die Verkehrsberuhigung der Telegrafenstraße. Die Stadt investierte eine Menge Geld in einen Gutachter, der das Prozedere bis ins Detail durchplante und alle Kritikpunkte mit Fakten widerlegen konnte. Zudem pumpte sie 32.000 Euro in den Rückbau der Mittelinseln auf dem Brückenweg und in den Umbau der Einmündung Telegrafenstraße. Dieses Geld hätte sie auch gleich aus dem Fenster werfen können, denn diese Maßnahmen sind nun völlig nutzlos, weil das Durchfahrtsverbot wieder aufgehoben wurde. Nach drei (!) Wochen, in denen noch nicht ein einziges Knöllchen verteilt wurde. Dabei sollten doch eigentlich nach einigen Monaten die Verkehrsdaten neu erfasst und ausgewertet werden - dann hätte man immer noch einen Rückzieher machen können.

Es ist ein Kollektivversagen auf allen Ebenen: Stadtverwaltung und Polizei haben es nicht geschafft, in einem halben Jahr eine für Autofahrer verständliche Beschilderung abzustimmen und diese dann konsequent zu kontrollieren. Die CDU hat mit ihrer Unterschriften-Aktion völlig unnötig Öl ins Feuer gegossen. Warum konnte sie nicht warten, bis es neue Verkehrszahlen für die Telegrafenstraße gibt? Weil sich dann vielleicht herausstellt, dass das Verbot doch wirkt und es keinen Schaden für die Einzelhändler gibt? Die WNKUWG hat sich durch ihre Enthaltung bei der entscheidenden Abstimmung geschickt aus der Verantwortung gestohlen und ihren Standpunkt aus dem April, als die Fraktion noch für das Verbot gestimmt hatte, still und leise revidiert.

Was bleibt also nach diesem ganzen Theater? Was die Verkehrssituation in der Innenstadt angeht, wird in Wermelskirchen alles so weitergehen wie bisher. 2500 Autofahrer werden pro Tag durch die Telegrafenstraße fahren, ohne auch nur ein einziges Geschäft anzusteuern. Auch das wilde Parken am Straßenrand, "um mal eben etwas zu erledigen", wird kein Ende nehmen.

Und der gegenläufige Radverkehr ist mit dem aktuellen Beschluss endgültig gestorben. Denn dieser wäre ohne einen Schutzstreifen nur dann möglich gewesen, wenn der Durchgangsverkehr drastisch eingedämmt würde. Aber das will die Mehrheit der Politik nicht. Das wirft die Stadt ins Jahr 2000 zurück.

(ser)
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