Wermelskirchen Wiedenhoff greift nach dem Busliniennetz in Rhein-Berg

Wermelskirchen · In Leverkusen will das Busunternehmen der Stadt-Tochter den ÖPNV abjagen - der Kraftverkehr Wupper-Sieg droht die Pleite.

Etwa 2,3 Millionen Euro hat die Stadt Leverkusen für das kommende Jahr als Zuschuss zum Öffentlichen Personen-Nahverkehr eingeplant - das Meiste für die eigene Tochter, die Kraftverkehr Wupper-Sieg (Wupsi). Doch wenn der Plan des Witzheldener Busunternehmens Wiedenhoff aufgeht, wird die Wupsi solche Zuschüsse künftig nicht mehr brauchen - denn dann ist sie pleite.

Unternehmer Constantin Wiedenhoff kündigte an: "Wir haben einen eigenwirtschaftlichen Antrag auf das Liniennetz Leverkusen/Rheinisch-Bergischer-Kreis gestellt, mit Hilfe eines der renommiertesten Beratungsunternehmen aus der ÖPNV-Branche." Bei dem Auftrag geht es um insgesamt 9,3 Millionen Jahresfahrplankilometer im regulären Linienverkehr. Hinzu kommen zusätzliche Wagen für Schülerverkehr sowie Fußballverkehr zur BayArena und zurück.

Die Stadt Leverkusen und der Rheinisch-Bergische-Kreis hatten angekündigt, das Paket ab dem 11. Dezember für weitere zehn Jahre an die Wupsi zu vergeben, also den derzeitigen Betreiber.

Wiedenhoff nutzte jetzt aber eine seit 2013 geltende Gesetzesregelung aus. Sie besagt unter anderem: Wenn private Verkehrsunternehmen Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich - also zuschussfrei - erbringen können, gibt es keine Notwendigkeit für gemeinwirtschaftliche Verkehre - etwa durch Stadttöchter wie die Wupsi.

Wiedenhoff prescht mit seinem Antrag als erster in NRW vor. Bundesweit hat es eine solche Aktion zwar schon gegeben - in Pforzheim, wo ein privates Tochterunternehmen der Bahn ab 2017 die Bürger durch die Stadt fahren wird - aber dort hatte die Kommune keinen Einspruch erhoben.

Leverkusen wird dies bei der Kölner Bezirksregierung, die über den Fall entscheidet, sehr wohl tun, wie Finanzdezernent Frank Stein ankündigte. "Man könnte ja jetzt auf die Idee kommen, zu sagen, Hurra, wir sparen den Zuschuss", sagte er: "Aber wir bekämen stattdessen ein Horrorszenario mit nicht absehbaren finanziellen Auswirkungen." Erhalte Wiedenhoff den Zuschlag, müsse die Wupsi abgewickelt werden - und die habe langfristige Verpflichtungen sowie soziale Verantwortung für ihre Mitarbeiter (400 an der Zahl).

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnt vor Arbeitsplatzverlusten und Dumpingwettbewerb. Im kommunalen Nahverkehr seien mehr als 130.000 Menschen tätig, in den kommenden Jahren stehe die Mehrheit der Verkehrsverträge zur Debatte. Während Wiedenhoff betont, Lohndumping sei ausgeschlossen, "da wir nach einem mit Verdi abgeschlossenen Tarif zahlen", zweifelt Wupsi-Chef Marc Kretkowski an, dass der Privatanbieter die Leistung seriös erbringen kann. Digitale Infosysteme, Beschwerdemanagement, Leitstelle, das und vieles mehr seien vonnöten.

Die Stadt fürchtet, dass Wiedenhoff sich übernehmen könnte: "Was machen wir, wenn das nach zwei Jahren klar wird - und wir haben keine Wupsi mehr, die einspringen kann?", fragt Dezernent Stein. Er rechnet damit, dass die Vergabe der Buslinien vor Gericht entschieden wird - "und das kann lange dauern".

(RP)
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