Wermelskirchen Zwangsrücklage zwingt Kirchen in die Knie

Wermelskirchen · In jeder Kirchengemeinde wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Immobilien verkauft.

Kaum jemand verkauft gern sein Tafelsilber. Sind Stadt oder Kirchengemeinden angewiesen, Einnahmen zu generieren oder Defizite auszugleichen, werden meist Immobilien veräußert. So hat die Stadt in den vergangenen Jahren etliche Häuser verkauft; auch die Kirchengemeinde müssen sich immer häufiger davon trennen. Zuletzt traf es die Kirchengemeinde Dhünn; dort steht das Gemeindehaus Sonne zum Verkauf. "Ohne diesen Schritt hätten wir ein großes Defizit im Haushalt gehabt", berichtet Pfarrer Rainald Rüsing.

Die Kirchengemeinden werden durch die Landeskirche gezwungen, Zwangsrückstellungen für ihre Immobilien vorzunehmen. Zumeist mit hohen Summen, die manche Gemeinden überfordern. So versucht die Landeskirche letztlich auch, Druck auf die Gemeinden auszuüben, sich von Gebäuden zu trennen.

In Wermelskirchen wurden zuletzt das Gemeindehaus Hoffnung und der Kindergarten Berliner Straße veräußert. "Die Gemeinden leiden unter der Rücklage", gesteht Pfarrer Ulrich Seng ein. Letztlich diene sie aber dazu, alle Gebäude bei plötzlichen Schäden zu erhalten und zu reparieren. "Wir haben aber keine maroden Gebäude. Wir haben zeitnah immer saniert." So gebe es in der Kirchengemeinde weder Schließungs- noch Veräußerungsabsichten; die Gesamtsituation sei "stabil und zufriedenstellend". Auch wenn haushaltstechnisch jeder Euro umgedreht werden müsse. "Die Kirchensteuereinnahmen steigen zwar, wir kriegen aber weniger raus", sagt Seng. Denn: Weil Wermelskirchen höhere Einnahmen habe, gebe es weniger aus dem Ausgleichsstock für arme Gemeinden.

Auch in Dabringhausen trennte man sich 2006 vom Pfarrhaus - weitere Verkäufe ständen aber nicht an, versichert Pfarrerin Elke Mielke. "Unsere Immobilien sind in ordentlichem Zustand." Auch sie sieht die Rücklage als Belastung für den Gemeindehaushalt an, denn Dabringhausen sei eine sogenannte reiche Gemeinde, bekomme also weniger Geld von der Landeskirche. In Dhünn müsse man jeden Euro zweimal umdrehen, gesteht Rüsing ein. Nach der aufwendigen Kirchensanierung müsse jetzt erst mal die Rücklage wieder aufgefüllt werden. In Hilgen-Neuenhaus wird das Gemeindezentrum nach dem Verkauf der Kirche in den 70er Jahren als Multifunktionsgebäude genutzt: "Das macht vieles leichter", sagt Dorothee Hoffrogge, Vorsitzende des Presbyteriums. Ihre Gemeinde gilt als arme Gemeinde; der Haushalt wird durch ein Spendenaufkommen von 90 000 Euro gedeckt. "Wir setzen aufs Ehrenamt, um auch Reparaturen auszuführen."

Der Umwälzungsprozess in der katholischen Kirchengemeinde St. Michael/St. Apollinaris hat erst begonnen. Darauf weist Pfarrer Michael Knab hin. In Wermelskirchen sei viel in den vergangenen Jahren gebaut worden, die Substanz sei gut. So sei zuletzt das Pfarrhaus Grunewald verkauft worden, und eine Heizungsreparatur stände in der Pfarrkirche an. "Was aber weiter passiert, ist offen", sagt er. Es gebe einen auf 2030 hingedachten Prozess, in dem im Bistum auch Gebäude veräußert werden sollen. Welche Rolle Wermelskirchen einnehme, sei noch nicht bekannt.

(RP)
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