Wermelskirchen Zweimal durchgefallen in einer Stunde

Wermelskirchen · Unser Autor hat vor zehn Jahren seinen Führerschein gemacht. Jetzt stellte er sich noch mal Theorie und Praxis. Vor der theoretischen Prüfung hatte er Angst. Die praktische macht er mit links. Dachte er. Er scheiterte unfallfrei, aber krachend.

 Fahrlehrer Frank Niewöhner mit BM-Mitarbeiter Klas Libuda vor dessen praktischer Fahrprüfung.

Fahrlehrer Frank Niewöhner mit BM-Mitarbeiter Klas Libuda vor dessen praktischer Fahrprüfung.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Schlimm sind 28 Fehlerpunkte in der Theorie und der erste Fahrfehler nach 50 Metern. Schlimm ist, was Frank Niewöhner später sagt: "War schon ganz gut." Das Schlimmste aber ist: Er hat ja recht.

Schon ganz gut - klingt nicht so gut. Ich möchte mich bitte rechtfertigen: Ich habe mich nicht vorbereitet! Ich kannte das Auto nicht! Immerhin hab' ich die Gefahrenbremsweg-Formel noch drauf. Sie lautet: (((Geschwindigkeit in km/h) / 10) x ((Geschwindigkeit in km/h)/ 10)) / 2. Hätten Sie das noch gewusst? Seien Sie ehrlich!

Ich habe meinen Führerschein vor zehn Jahren gemacht, in Herne im Ruhrgebiet. Mein Fahrlehrer hieß Daniel, hatte lange Haare und war immer gut drauf. Mein Führerscheinfoto zeigt einen 18-jährigen Jungen mit Locken und zuversichtlichem Blick. Ich war in der zwölften Klasse und schwänzte für die Prüfung den Geschichtsunterricht. Frau Hirschberg war gar nicht begeistert, aber als ich zur großen Pause wieder auf dem Schulhof stand, fragte sie: "Und?" Ich hatte bestanden. Ich glaube, ein bisschen gefreut hat sie sich dann auch für mich.

Jetzt also noch mal, zehn Jahre später, erst die theoretische und dann die praktische Prüfung. Fahrlehrer Frank Niewöhner gibt den Prüfer. Er hat eine Glatze, aber gut drauf ist auch er. Niewöhner duzt seine Kunden, er sagt "Frank" und gibt die Hand. Er hat die Prüfungsfragen schon vorbereitet. Klasse B. 30 Stück. "Du wirst ganz knapp durchfallen", tippt Frank. Frank grinst. Frank findet das alles ganz witzig.

Frage eins: "Welche Fahrzeuge dürfen nur mit besonders großem Seitenabstand überholt werden?" Erstens: "Fahrräder". Zweitens: "Motorräder". Drittens: "Straßenbahnen". Eins und zwei sind richtig - weiß ich doch. Die Prüfung lässt sich gut an. Es gibt jetzt Fragen zu Vorfahrtsregeln und Kindern, die ausgerechnet hinter parkenden Autos spielen. Die ersten 20 Fragen prüfen den Grundstoff: "Wie wird Haschisch im Körper abgebaut?" Die letzten zehn sind Spezialfragen und richtig fies. Frage 21: "Welche Bedeutung haben weiße Tafeln mit einem schwarzen ,A' an einem Lkw?" Ich schwanke zwischen "Anfänger" und "Abfall". Als Anfänger hab' ich mal eine Abfalltonne angetickt. Mit beiden Antwortmöglichkeiten bin ich also emotional verbunden. Ich nehme A wie "Anfänger". Richtig ist: "transportiert Abfall". Die Prüfung ist ein Reinfall. Vor zehn Jahren hatte ich sechs Fehlerpunkte. Zehn dürfen es sein. Zu meinen 28 Punkten sagt Frank: "Oh."

"Du hast dich aber auch beeilt", sagt er. Frank möchte mich aufbauen. Im Auto wird es besser laufen. Denke ich. Autofahren kann ich.

Seit 20 Jahren ist Frank Niewöhner Fahrlehrer, ausgebildet hat ihn die Bundeswehr, seit 15 Jahren betreibt er "Franks Fahrschule" an der Telegrafenstraße. Niewöhner beschäftigt drei Bürokräfte, fünf Lehrer sind mit acht Wagen unterwegs. 200 000 Kilometer fährt ein Auto, bis Niewöhner es nach drei Jahren wieder abstößt.

Wir nehmen einen Audi A 3 mit 110 PS und biegen von der Telegrafenstraße links auf die Eich ab. Vor zehn Jahren fuhr ich an und vergaß vor Aufregung, die Handbremse zu lösen. Der Audi löst die Bremse automatisch. Das klappt wunderbar.

Vor und nach der Jörgensgasse geht es in den Kreisverkehr. "Wir fahren die erste raus", sagt Frank. Ich blinke. Mache den Schulterblick. Ich lasse eine Fußgängerin über den Zebrastreifen. Sie winkt freundlich. Ich nicke. Alles gut. Mache ich ja nicht zum ersten Mal.

Wenn Frank Niewöhner unterwegs ist, grüßt er ständig Leute, ihn kennen in Wermelskirchen viele. Jeden Tag sitzt er mindestens sieben Stunden im Auto, erzählt er, und es mache ihm Spaß. Allein die Arbeitszeiten seien manchmal nervig. Die Nachtfahrten zögen sich zuweilen bis Mitternacht. Gestern hatte Niewöhner zehn Prüflinge, erzählt er, acht haben bestanden. Wir fahren eine der Erfolgsstrecken ab. Es lastet Druck auf mir.

Ich fahre auf die A1 Richtung Dortmund. Frank sagt, dass mit dem Tempo hätte ich gut hinbekommen. Er macht sich zwischendurch Notizen. "Fahrzeugbedienung (Schalthebel festhalten)", schreibt er. "Der Hebel ist fest eingebaut, den brauchst du nicht festhalten", erklärt er später. An einer Sackgasse beachte ich die Rechts-vor-links-Regel. Gut gemacht, sagt Frank, auch wenn es an dieser Stelle nicht nötig gewesen wäre. Ich parke rückwärts ein, stoppe am Stoppschild und wende an der Goethestraße. Klappt und klappt und klappt. Im Künstlerviertel geht's in eine Einbahnstraße und am Ende links raus. Ich blinke, biege ab. Durchgefallen!

Am Ende der Einbahnstraße hätte ich mich links einordnen müssen, sagt Frank, als wir wieder vor der Fahrschule stehen. Einmal hätte er das durchgehen lassen. "Einmal ist kein Mal." Nur: Als wir vor 40 Minuten auf der Telegrafenstraße losfuhren, habe ich nach 50 Metern, beim Abbiegen auf die Eich, bereits den gleichen Fehler gemacht. "Ein Klassiker. Ein bisschen musst du noch üben", sagt er und grinst, als ich mich verabschiede. "War schon ganz gut." Ich gehe zu Fuß.

(RP)
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