Hamminkeln 1901 Stimmen für Bürgerbegehren: Enges Zeitfenster erhöht den Druck

Hamminkeln · Die Mitglieder von Pro Mittelstand haben gestern die Stimmen zum Bürgerbegehren für eine Ratsverkleinerung ausgezählt - und landeten 100 Stimmen über der erforderlichen Zahl.

Aus Sicht der Initiatoren eines Bürgerbegehrens für die Ratsverkleinerung in Hamminkeln ist es ein großer Erfolg: 1901 Stimmen wurden gesammelt, wie der Initiator Walter Münnich von Pro Mittelstand am Abend mitteilte. Das sind 100 Stimmen mehr, als nötig gewesen wären. "Unser Dank gilt allen Hamminkelnern, die von ihrem Bürgerrecht Gebrauch gemacht haben", sagte Münnich, verwies auf das enge Zeitfenster von nur dreieinhalb Wochen, und ergänzte staatstragend in der Euphorie eines Siegers: "Wir haben Demokratie praktiziert." Das sieht man im Lager der Gegner natürlich anders.

Nach der Absage von CDU und Grünen an eine Reduzierung der Ratssitze noch vor einer politischen Debatte hatte Walter Münnich als Vorsitzender von Pro Mittelstand mit Volldampf das Verfahren für ein Bürgerbegehren eröffnet. Inhaltlich fordert es die Verringerung von derzeit 38 auf 28 Ratsmandate - das maximale Szenario, um noch den Fraktionsstatus von zwei Mitgliedern halten zu können. Mit dem Ergebnis ist der Weg entweder zu Kompromissverhandlungen über eine geringere Reduzierung oder zu einem Bürgerentscheid frei, wenn die Prüfung der Verwaltung absolviert ist. Oder es passiert nichts: Lehnt der Rat den Entscheid ab, reicht die bestehende Frist 28. Februar nicht aus, um ihn durchzuführen. Eine vertrackte Situation.

Im Rathaus hat man sich genau vorbereitet. Viele bürokratische Regeln sind zu beachten. Zunächst geht es um die nötige Quote für ein erfolgreiches Bürgerbegehren. Bisher war die Zahl von 1850 Unterschriften als zu überwindende Grenze gehandelt worden. Jetzt sind es - Stand Dienstag - 1801. Basis ist die Zahl der Wahlberechtigten. Die hängt von der aktuellen Bevölkerungsentwicklung ab: Wer seit 16 Tagen in Hamminkeln gemeldet ist, zählt mit. Walter Münnich verwies darauf, dass noch bis Samstag Stimmen eingereicht werden können, danach werde man - je nach Zeitfenster des Bürgermeisters - die Stimmen im Rathaus übergeben.

Viel Arbeit kommt auf die Verwaltung bei der Prüfung der Listen zu. Jede einzelne Unterschrift muss geprüft werden. Von Lesbarkeit bis Richtigkeit der Wohndaten. Wieviel Leute dafür nötig sind und wie hoch die Kosten für das demokratische Instrument sind, ist unbekannt. Ebenso die Zeit zur Auswertung. "Das kann von sportlichen vier bis 14 Tagen dauern", sagt Bürgermeister Bernd Romanski.

Erfüllt das Bürgerbegehren die Voraussetzungen, ist die Politik am Zug. In einer Sondersitzung des Rates muss bis Mitte Februar dessen Zulässigkeit formal beschlossen werden. Die Politik kann sagen, wir folgen dem Begehren. Tut der Rat das nicht, steht der Bürgerentscheid an, der aber fristgemäß bis zum 28. Februar erfolgen muss. Das aber ist nicht zu schaffen, sagt die Verwaltung. "Eine unglückliche Situation. Der Termin ist organisatorisch und von Ladefristen und der nötigen Satzung für den Bürgerentscheid nicht einzuhalten. Die Frist ist nicht verlängerbar, ein Entscheid müsste bis 28. Februar erfolgen", sagt Dezernent Jürgen Palberg. Diese mit dem Kreis Wesel abgestimmte Terminangabe bestätigte er den Fraktionen gestern. Ein Bürgerentscheid müsste aufwändig organisiert werden. Die Hamminkelner müssten noch vor dem 28. Februar abstimmen. Zu dieser ausweglosen Lage darf es aus Sicht der Verwaltung nicht kommen. Geplant ist, nach der Auszählung die Fraktionsvorsitzenden zusammenzurufen, um den Fortgang zu besprechen. Dies soll noch im Januar der Fall sein. Dabei soll es um eine Kompromisslösung unterhalb der Maximalforderung von Pro Mittelstand gehen, aber mit Verringerung der Ratsgröße. Diese würde zur Wahlperiode 2020 wirksam.

Dieter Genterzewsky (CDU)verweist auf den Standpunkt gegen die Verkleinerung. Die CDU behalte ihre Linie. Das Kompromissangebot von Münnich sehe man skeptisch - es gebe zurzeit keinen Grund, den Wendehals zu machen. Wenn die Schärfe herauskomme, schließe man eine gemeinsame Lösung nicht aus. Vorbehaltlich der Haltung der Fraktion. Bei den Grünen ist es ebenso. Sprecher Johannes Flaswinkel sagt, ihm sei von Verhandlungsbereitschaft nichts bekannt. Ihre Sichtweise will die CDU heute mit Vereinsvertretern aus den sieben Orten diskutieren.

Übrigens gibt es "ein Problem", wie Palberg es ausdrückt, mit dem Ratsbeschluss vom 20. Dezember. Ein Bürger hatte die Sitzung zwischendurch verlassen, war kurz darauf zurückgekehrt und hatte vor verschlossener Tür gestanden. Palberg bestätigt, dass grundsätzlich das Gebot der Öffentlichkeit gilt (für besonders sensible Themen gibt es den nichtöffentlichen Teil) und besagter "Ausschluss" formell Folgen haben könnte. Offiziell geltend gemacht hat der Bürger dies nicht. Selbst wenn der Beschluss, alles beim Alten zu belassen, für nichtig erklärt werden sollte, würde sich inhaltlich nichts ändern. Denn dann bliebe es beim geltenden Recht, also 38 Mandaten.

(thh/sep/fws)
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