Niederrhein Arterhaltung: Urologen operieren Affen

Niederrhein · Eine Sterilisation beim Mann rückgängig machen ist für Fachärzte Alltag. Bei Schimpansen handelt sich die Operation, an die sich jetzt Humanmediziner aus Arnheim wagten, um Neuland. Zoo-Affe soll nun für Nachkommen sorgen.

 Der 41-jährige Schimpansenmann (rechts) soll sich künftig gerne noch intensiver um seine Mitbewohnerinnen kümmern.

Der 41-jährige Schimpansenmann (rechts) soll sich künftig gerne noch intensiver um seine Mitbewohnerinnen kümmern.

Foto: Burgers' Zoo

Sie haben eine Menge Erfahrung, die beiden Fachärzte Olaf Vrooman und Michael van Balken. Aber diese Operation war doch etwas sehr Besonderes. Gar nicht mal so sehr, was die urologische Herausforderung anging, aber der Patient war umso einmaliger: ein Schimpanse. Dass der 41-jährige Affenmann vor Jahren sterilisiert wurde, war vermutlich nicht seine eigene Entscheidung. Das hatte der Arnheimer Zoo so beschlossen. Ebenso haben Menschen entschieden, dass die Vasektomie rückgängig gemacht wurde. Weil das Erbgut des Tieres wohl doch nützlich sein könnte.

Die beiden Urologen Vrooman und van Balken sind normalerweise am Klinikum Rijnstate tätig und behandeln dort natürlich Menschen. Im Königlichen Burgers' Zoo jedoch lag nun ein Schimpanse auf dem OP-Tisch, überwacht und operiert von Tierarzt Henk Luten und den beiden Kollegen aus der Humanmedizin. Die Sterilisation war vor etwa 15 Jahren auf Anraten des Stammbuchkoordinators geschehen, der für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm verantwortlich ist. Damals schien der Arnheimer Zoo-Schimpanse nicht weiter besonders, inzwischen ist aber klar, dass er ein besonders guter Vererber sein dürfte.

Erst jetzt ist nämlich die exakte Unterart dieses Schimpansen bestimmbar. Es stehen Analysetechniken zur Verfügung, die es 2002 noch nicht gab, und so konnte festgestellt werden, dass der Schimpansenmann zu 100 Prozent zur Unterart der Westlichen Schimpansen zählt. "Wir konnten seine Herkunft zwar aus der DNA ableiten, wir wussten jedoch nicht, wer sein Vater ist", erzählt Menschenaffen-Experte Tom de Jongh. Zoo-Affen leben ja meist in Gruppen, da ist (oder war früher) schwer zu sagen, welche Paare zueinander gefunden haben. "Außerdem waren alle möglichen Väter - bis auf einen - schon verstorben, und von ihnen hatten wir kein genetisches Material. Aus diesem Grund haben wir nicht mit ihm weitergezüchtet. Wir wollten nicht das Risiko eingehen, nur Kreuzungen zu züchten. Neue DNA-Testmethoden haben uns nun gezeigt, dass das Männchen reinrassig westafrikanisch ist. Gleichzeitig hat sich herausgestellt, dass ein Vorfahre der anderen Männchen unserer Gruppe zu einer anderen Untersorte gehörte, die aus Nigeria und Kamerun stammt. Sie sind also keine reinrassigen Westafrikanischen Schimpansen und dürfen keine Jungen mehr bekommen. Gerade deshalb wäre es viel wert, wenn wir das operierte Männchen wieder für die Zucht einsetzen könnten."

So könnte der operierte Affe, wenn alles gut geht, mithelfen, eine auch künftig genetisch gesunde Tierpopulation im Burgers' Zoo zu erhalten. Der Arnheimer Zoo arbeitet bereits seit Jahrzehnten erfolgreich mit den Ärzten am Klinikum Rijnstate zusammen, vor allem dann, wenn es um Menschenaffen geht. Die Urologen Vrooman und van Balken waren im aktuellen Fall gerne bereit, ihr Wissen zur Verfügung zu stellen - die Aktion soll in Europa einzigartig sein.

Fürs erste gilt die Operation als geglückt. "Es ist nicht so, dass er nach der OP auf jeden Fall wieder zeugungsfähig ist. Das können wir jetzt noch nicht sicher sagen. Aber wir wollen unser Glück versuchen und hoffen, dass es klappt, denn die Chance besteht durchaus", sagt Tom de Jongh. Jetzt liegt es nicht zuletzt an der Bereitschaft des Affenmannes, die hohen Erwartungen zu erfüllen.

(RP)
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