Wesel Asyl: Die Kirche appelliert an Vermieter

Wesel · Dem Aufruf der Stadt, Wohnraum für Flüchtlinge anzubieten, schließt sich die Evangelische Kirchengemeinde an und geht mit gutem Beispiel voran. Außerdem macht Norbert Meesters (SPD) auf Fördergeld für Kommunen aufmerksam.

 Pfarrer Albrecht Holthuis am Kindergarten Beguinenstraße neben dem Lutherhaus, über dem eine Wohnung bereits schnell an eine Mutter aus Somalia vergeben werden konnte.

Pfarrer Albrecht Holthuis am Kindergarten Beguinenstraße neben dem Lutherhaus, über dem eine Wohnung bereits schnell an eine Mutter aus Somalia vergeben werden konnte.

Foto: Ekkehart Malz

Maria und Josef mit ihrem Kind auf der Flucht nach Ägypten: Die Weihnachtsgeschichte ist heute, 2000 Jahre später, aktuell wie selten. Und die Evangelische Kirchengemeinde Wesel nimmt ihren Auftrag zur Nächstenliebe ernst. Sie greift den Aufruf der Stadt an alle Haus- und Wohnungsbesitzer auf, mehr Unterkünfte für Flüchtlinge anzubieten. Zu Weihnachten wird in allen Kirchen in den Gottesdiensten bei den Abkündigungen, also dem kirchlichen Informationsteil, der städtische Appell unterstützt. Es gebe vielfältige Gründe, dass Menschen aus ihrem Heimatland fliehen in der Hoffnung, woanders menschenwürdig leben zu können. Außerdem teilt die Kirchengemeinde mit, dass sie selbst bereits Wohnraum anbieten konnte.

Über dem Kindergarten an der Beguinenstraße hat binnen kürzester Frist in Zusammenarbeit mit der Flüchtlingshilfe eine Frau aus Somalia mit Kind, ein weiteres erwartend, eine Wohnung beziehen können. Ein zweite, kleinere Wohnung steht ebenfalls für einen suchenden Menschen bereit, erklärte gestern Pfarrer Albrecht Holthuis auf Anfrage der RP. "Wenn wir ein leerstehendes Pfarrhaus hätten, hätten wir noch mehr Möglichkeiten", sagte Holthuis. Man habe sich nach einem Anschreiben der Stadt mit Detlef Heinz vom Sozialamt in Verbindung gesetzt und die Sache über Kirchmeister Günter Freßmann in die Wege geleitet. Zum Unterstützungsappell in den Abkündigungen sagte Holthuis, dass man die Gunst gut besuchter Kirchen nutzen und sagen wolle, wie das Presbyterium über das Thema denkt. Man sehe durchaus die Problematik rund um die islamfeindlichen Demonstrationen. Doch sei in Wesel das Thema Flüchtlinge historisch auch ganz anders zu betrachten, sagte Holthuis und erinnerte daran, wie die Stadt zu ihrem Ehrennamen Vesalia hospitalis - gastfreundliches Wesel - gekommen war: Im 16. Jahrhundert nahm die Stadt viele Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden auf. Sie dankten am Ende mit zwei silbervergoldeten Prunkpokalen. Die sogenannten Geusenbecher gehören zu den wertvollsten Kunstschätzen der Stadt. Im kommenden Jahr feiert die Evangelische Kirchengemeinde übrigens ihr 475-jähriges Bestsehen. Laut Pfarrer Holthuis gibt es dazu unter anderem die Idee, ein Flüchtlings- und Begegnungsfest zu veranstalten, wie es vor 20 Jahren auch für Bosnienflüchtlinge organisiert worden war.

Sozialamtsleiter Detlef Heinz hatte unlängst im städtischen Fachausschuss über die Situation berichtet. Demnach waren zu dem Zeitpunkt gut 250 Flüchtlinge in 37 Wohnungen, acht Häusern und dem Übergangswohnheim an der Fluthgrafstraße untergebracht. Seinen Appell, der Fachstelle Wohnen im Rathaus freien Wohnraum zu melden, unterstrich Heinz mit dem Hinweis, dass die Stadt nicht nur pünktlich Miete zahle, sondern nach Auszug auch Renovierungskosten trage.

Auf Hilfe für Kommunen machte Landtagsabgeordneter Nobert Meesters (SPD) aufmerksam. Denn die landeseigene NRW-Bank hat ein zinsloses Förderprogramm aufgelegt. Es richtet sich an alle Gemeinden in NRW, die verpflichtet sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Gefördert werden allerdings nur neue Vorhaben zum Erwerb oder Bau von Flüchtlingsunterkünften. Der Kredithöchstbetrag beträgt zehn Millionen Euro pro Jahr und Antragsteller. Laufzeit: 20 Jahre.

(RP)
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