Himmel & Erde Auszeichnung für Visionäre

Wesel · Bis vor einer Woche war das Buchstabenkürzel "Ican" wohl nur wenigen Eingeweihten bekannt. Am vergangenen Freitag dann gab das norwegische Nobelpreiskomitee in Oslo bekannt, dass Ican, die Internationale Kampagne zur atomaren Abrüstung, am 10. Dezember mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Ican ist ein Bündnis von 450 Friedensgruppen, die sich für Abrüstung und ein weltweites Atomwaffenverbot einsetzen.

Himmel & Erde: Auszeichnung für Visionäre
Foto: Malz Ekkehart

Die Jury hatte sich in diesem Jahr zwischen 318 Anwärtern entscheiden müssen - 215 Personen und 103 Organisationen waren für den Preis vorgeschlagen. Für Nobelpreissieger ist die Genfer Truppe ziemlich jung: Die Generalsekretärin, die Schwedin Beatrice Fihn, ist erst 34 Jahre alt. In dem Büro in Genf arbeiten gerade mal vier Leute, alle jünger als 35 Jahre. Das Bündnis selbst ist deutlich größer: 450 Friedensgruppen und Organisationen, die sich seit Jahren für Abrüstung engagieren.

Vor zehn Jahren kamen sie zusammen, um sich gemeinsam für einen Vertrag gegen Atomwaffen einzusetzen. Treibende Kraft waren nicht Regierungen, sondern Zehntausende Aktivisten in mehr als 100 Ländern. Im Juli 2017 wurde das Vertragswerk unterzeichnet. Es verbietet Herstellung, Besitz, Einsatz und Lagerung von Atomwaffen und kam gegen den Widerstand der Atommächte und den mit ihnen verbündeten Staaten zustande.

In ersten Kommentaren zur Auszeichnung an Ican ist zu lesen, dass das Friedensnobelpreiskomitee einen im Grunde aussichtslosen Kampf von wenigen Utopisten gewürdigt hätte. Eine Welt ohne Atomwaffen sei in den nächsten Jahrzehnten kaum zu verwirklichen. Selbst die linke Tageszeitung "taz" bemerkte, dass der Friedensnobelpreis 2017 nichts bewirken wird. Zwar haben die Vereinten Nationen am 7. Juli mit den Stimmen von 122 Staaten ein Verbot von Atomwaffen beschlossen, was Ican auf seiner Website als größten Erfolg feiert. Allerdings besteht kaum Aussicht, dass der Vertrag in absehbarer Zeit mehr sein wird als ein Stück Papier. Keine der neun bekannten Atommächte - die USA, Russland, China, Indien, Großbritannien, Frankreich, Pakistan, Israel und Nordkorea - hat auch nur an den Verhandlungen teilgenommen. Auch Deutschland verweigerte sich, weil die nukleare Abschreckung zur Strategie der Nato gehört.

Gegen alle kritischen Stimmen, die dem diesjährigen Friedensnobelpreis keine Nachhaltigkeit zutrauen, finde ich den Beschluss des norwegischen Nobelpreiskomitees mutig und zutiefst ehrenhaft. Sie hält den Kriegstreibern und atomaren Wirrköpfen dieser Welt die unbeugsame und moralische Kraft derer entgegen, die sich dem Frieden und der Menschlichkeit verpflichtet wissen. Auf diesem langen Weg ist der diesjährige Friedensnobelpreis für Ican ein Leuchtfeuer der Hoffnung.

Thomas

Brödenfeld

(RP)
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