Wesel "Bahnlärm macht krank"

Wesel · Der Info-Abend der Initiative "Betuwe – So nicht!" in der Niederrheinhalle war eine Demonstration der Entschlossenheit. Knapp 400 Besucher im übervollen Parkettsaal dokumentierten gestern die Sorgen an der Strecke.

Auch wenn Gert Bork, Chef der Initiative "Betuwe – So nicht" am Ende ein wenig auf die Euphorie-Bremse trat. Der gut einstündige Vortrag von Verwaltungsrechtler Matthias Möller-Meinecke im rappelvollen Parkettsaal der Niederrheinhalle hatte eins erreicht: Er hat Mut gemacht, unzumutbare Belastungen an der Bahnstrecke nicht schicksalsergeben zu erdulden. Der in Konflikten um Lärmlasten erprobte Jurist brachte seine Botschaft mit unterhaltsamer Professionalität rüber: "Nur nicht wie das Kaninchen vor der Schlange Bahn erstarren." Die Anwohner sollten handeln und zwar jetzt.

Erschreckende Zahlen

Seine mit vielen Zahlen und wissenschaftlichen Untersuchungen gestützte Bestandsanalyse: Schon die heute gemessene Belastung entlang der Schienenstrecke ist unerträglich, raubt den Menschen den gesunden Schlaf und macht am Ende krank. "Mich haben die Weseler Zahlen erschreckt. Sie lassen keinerlei Steigerung mehr zu." Das konzentrierte Zuhören wandelte sich in zustimmenden Beifall. So warnte der Gast vom Main davor, die von der Bahn AG angepeilte Blockverdichtung, also die Erhöhung des Zug-Taktes ohne Lärmschutz, hinzunehmen. Dahinter stecke die Strategie der Bahn AG, "Ihnen mehr in der Rucksack der Lärmvorbelastung zu packen". Dann argumentiere die Bahn alles, was drauf komme, sei weniger arg. Möller-Meinecke kündigte gestern erste Musterklagen an, um die Bahn zu zwingen, leiser zu werden.

Er machte einen simplen Vorschlag: "Das Tempo der Güterzüge muss um die Hälfte runter." Der Anwalt überzeugte mit erstaunlicher Kompetenz in Wehrhaftigkeit von Bürgerinitiativen. Er forderte die Kommunen dazu, medizinische Gutachten in Auftrag zu geben, die die gesundheitlichen Folgen des nächtlichen Lärms darstellen.

Zudem sei es sinnvoll, feste Messstellen einzurichten, die die Belastungen jeder Nacht aufzeichnen, um die Argumentation der Bahn zu erschüttern. Die orientiere sich nur am finanziell Machbaren. Der nächtliche Wert für Wesel liege deutlich über dem, den der Sachverständigenrat fordert. Hier müsse die Bahn "gewichtige Anstrengungen" unternehmen.

Für das Planfeststellungsverfahren versprach der Referent mit der Bürgerinitiative ein Fitnessprogramm für Einwender mit Textbausteinen für die 100 wichtigsten Argumente. Er schlug vor, sich per Postkartenaktion massenhaft ins Verfahren einzumischen. Je mehr Stimmen desto gewichtiger sei das Anliegen des Chores an der Strecke. Er wolle im Internet einen "Einwendungsgenerator" – ein digitales Beschwerdesystem – schalten, wo sich jeder aktiv einklinken kann. Der Jurist verabschiedete sich, wie er gekommen war: mit Zuversicht. "Sie sind in Wesel gut gerüstet." Das war Gert Bork nach 18 Jahren Kampf "ein Tick zu optimistisch".

(RP)
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