Wesel Betuwe: Eigenlob der Festredner in der Kritik

Wesel · Bürgerinitiativen erinnern zum Spatenstich für den Bahnausbau an die Forderungen nach besserem Lärmschutz und Sicherheitskonzept.

Wie sehr sich die Bewertungen des ersten Spatenstichs zum Bahnausbau unterscheiden (RP berichtete) dokumentiert eine Stellungnahme der Bürgerinitiativen um Sprecher Gert Bork (Wesel). Der Verband bezeichnete den Oberhausener Festakt als "Fehlstart unter Zeitdruck", vermisste konkrete Verbesserungen und beklagte "unverständliche Aussagen zur Finanzierung". Die Redner seien "voll des Eigenlobes" gewesen und hätten den Eindruck erweckt, dass alle Probleme so gut wie gelöst seien.

Den Worten von Enak Ferlemann (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium), Michael Groschek (NRW-Verkehrsminister) und Ronald Pofalla (Bahnvorstand) halten die Initiativen erinnernd entgegen, dass es keine Zusage gibt, die Forderungen der Feuerwehren von Oberhausen bis Emmerich zu erfüllen. Zudem gebe es keine Verbesserung des aktiven Lärmschutzes an der (Güterzug-) Strecke, die auf niederländischer Seite als Betuwelinie seit einem guten Jahrzehnt fertig ist - neu gebaut und ohne Siedlungen zu durchschneiden. "Wir bekommen nach wie vor schlechten, nicht zeitgemäßen Lärmschutz", stellten dagegen die Initiativen fest. Ebenso gebe es keine Zusagen für mehr als 7000 Gebäude mit geschätzt über 80.000 Menschen, die einmalig einen passiven Lärmschutz bekommen sollen. Ferner gebe es keine Zusagen für bessere Stationen, etwa einen Aufzug für den sieben Meter höher gelegten Bahnhof Friedrichsfeld.

Vollkommen unverständlich sind für die Kritiker Aussagen von Ferlemann, es sei mehr als genug Geld in Berlin vorhanden - so viel könne die Bahn gar nicht verbauen. "Was sind dann die Gründe, die dazu führen, dass Bundesregierung und Deutsche Bahn AG nicht auf die Forderungen nach zeitgemäßem Lärmschutz, Sicherheit und gutem Nahverkehr eingehen?" fragt der Verband. Aufgefallen sei auch, dass nicht alle Bürgermeister da waren.

Die Bürgerinitiativen vermuten, "dass sich die kleineren Kommunen durch die Kostenregelungen für die Kreuzungsbauwerke erpresst fühlen und sich wegen fehlender Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit der Deutschen Bahn AG um Brückenbauwerke und Untertunnelungen der Landesregierung genötigt sehen, schlechtere Lösungen in Kauf zu nehmen. Da mag anscheinend nicht jeder Bürgermeister mitjubeln."

Erbost hat die Bürgerinitiativen unter anderem, dass ihnen der schwarze Peter für Verzögerungen zugeschoben wird. Bekanntlich ist das Thema bereits 25 Jahre alt. Während die Niederländer ihren Plan, die neue Strecke ab Rotterdam Richtung Deutschland zu bauen, flott und konsequent umgesetzt haben, tat sich hier lange Zeit nichts. Die späte Entscheidung, statt eines Neubaus mit einer Ertüchtigung der bestehenden Strecke Oberhausen-Emmerich (drittes Gleis) zu agieren, zog dann jede Menge Probleme mit den betroffenen Kommunen mit sich. Aktuell gibt es lediglich für Oberhausen einen Planfeststellungsbeschluss. Gegen den klagt die Stadt. Auch in Hamminkeln hängt der Haussegen schief, wie sich im vergangenen Jahr beim Erörterungstermin der Bezirksregierung Düsseldorf zeigte. In Wesel eskalierte dieser kurz vor Weihnachten gar und es kam zum Abbruch. Der Termin wird bald fortgesetzt werden müssen. Mit Klagen ist zu rechnen.

Die Initiativen sehen es so: "Die Akzeptanz bei den Menschen für die Verkehrswende hin zur Schiene wird nur gelingen, wenn am Gleis gesunde und sichere Lebensverhältnisse geschaffen werden. Nur dann ist die Schiene ein wirklich umwelt- und menschenfreundliches Transportmittel."

(RP)
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