Wesel Betuwe: Gärten müssen Lärmschutz weichen

Wesel · Pächter der Gartenanlage am Blaufuß sind empört: Durch die RP haben sie erfahren, dass ihre grünen Oasen einer Baustraße zum Opfer fallen. Scharf kritisieren sie die mangelhafte Kommunikation der Bahn.

 Heinrich Kleinübbing (vorne r.) und Wolfgang Franke diskutieren ebenso über die Abrisspläne wie Klaus Schulze, Theresia Franke (Mitte) und Dunja Schiff.

Heinrich Kleinübbing (vorne r.) und Wolfgang Franke diskutieren ebenso über die Abrisspläne wie Klaus Schulze, Theresia Franke (Mitte) und Dunja Schiff.

Foto: Bosm

So richtig können es die Kleingärtner der Anlage am Blaufuß noch nicht fassen: Über kurz oder lang werden sie ihre liebevoll angelegten grünen Oasen verlassen müssen. Denn während der jüngsten Sitzung des Arbeitskreises Deutsche Bahn im Rathaus hatte die Stadtverwaltung Pläne der Bahn präsentiert, auf denen alle Baustraßen markiert waren, auf denen das Material für die geplanten Lärmschutzwände entlang der Betuwelinie transportiert werden soll. Eine dieser Fahrbahnen, die später der Feuerwehr als Rettungsweg dienen soll, geht genau durch die Anlage.

Dunja Schiff (45), Partnerin von Anlagen-Verwalter Klaus Schulze (55), hat durch die RP von den Plänen erfahren und sich selbst im Rathaus erkundigt. Und tatsächlich: "Mir wurde mitgeteilt, dass wirklich alle sieben Gärten wegkommen. Wir dachten immer, dass zwischen der Betuwe und unseren Grundstücken genug Platz ist." Auch wenn die Baustraße erst in vier oder fünf Jahren kommen soll, so sei das für alle ein Schock. "Denn niemand hat bislang mit uns darüber gesprochen."

Die mangelhafte Kommunikation der Bahn ist es auch, die Heinrich Kleinübbing maßlos ärgert. Der 66-jährige Weseler ist Vorsitzender der Bahnlandwirtschaft Essen, Unterbezirk Niederrhein (siehe Infobox), und war 35 Jahre als Fahrleitungsunterhaltungs-Arbeiter bei der Deutschen Bahn beschäftigt. "Das passt ins Bild. Vor einigen Monaten wurden unangemeldet in den Gärten der Gleisdreieck-Anlage in der Feldmark Probebohrungen durchgeführt. Dort lässt die Bahn ein Überlaufbecken bauen, neun von 18 Gärten werden plattgemacht."

Doch was kann man gegen die Pläne der übermächtigen Bahn tun? Diese Fragen haben sich die Betroffenen gestern bei einer Zusammenkunft im Garten von Dunja Schiff und Klaus Schulze gestellt. Kleinübbing kennt seinen ehemaligen Arbeitgeber. "Da wird man nicht viel tun können. Außer, dass wir im Rahmen der Planfeststellung unsere Einwände formulieren. Und dann bleibt ja noch die Hoffnung, dass es mit den Lärmschutzwänden so geht wie mit Stuttgart 21 oder dem Berliner Flughafen." Klaus Schulze lacht und ergänzt: "Oder wie mit dem Provisorium Weseler Rheinbrücke."

Gleichwohl wird er sich in nächster Zeit nach einem anderen Grundstück umschauen müssen. "Schon wegen der Bienen", sagt Imker Schulze, der von dem starken Zusammengehörigkeitsgefühl der Hobbygärtner am Blaufuß schwärmt. Zu denen zählen seit 1995 auch die Eheleute Franke (beide 77). "Ab dem Frühjahr sind wir eigentlich jeden Tag hier, haben in den Jahren Tausende Euro investiert. Das ist unser Leben", sagt Theresia Franke. Ob er noch die Stangen für das Sonnensegel einbetonieren soll, die ihm sein Sohn vorgestern gebracht hat, weiß der aus Schlesien stammende Franke nicht. "Man fühlt sich so, als werde man aus seiner Heimat vertrieben."

(RP)
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