Brautmoden-Meile in Marxloh 45 Betrugsanzeigen gegen Brautmodengeschäft

Duisburg · Es ist der Alptraum einer jeden Braut: In Duisburg-Marxloh ist jetzt eine Brautmoden-Händlerin unter Verdacht, ihre Kundinnen um mehrere tausend Euro betrogen zu haben. Diese bestellten und bezahlten Kleider, die aber nicht bei ihnen ankamen.

 Kundinnen eines Marxloher Brautmodengeschäfts warteten teils monatelang auf Hochzeitskleider in diesem Stil — mit enger Korsage und ausschweifenden Tüllröcken.

Kundinnen eines Marxloher Brautmodengeschäfts warteten teils monatelang auf Hochzeitskleider in diesem Stil — mit enger Korsage und ausschweifenden Tüllröcken.

Foto: Christoph Reichwein

Bräute sind sensible Kundinnen: Sie machen sich immer Sorgen, dass am großen Tag etwas schief geht, dass die Ringe fehlen, das Catering-Unternehmen nicht genug Essen liefert oder dass das Wetter schlecht ist. Meistens geht aber alles gut.

Nicht so bei Stefanie F. (26) aus Grevenbroich. Die junge Frau hätte fast kein Brautkleid gehabt. Das Kleid, das sie gekauft hatte, wurde nicht rechtzeitig fertig. Den vollen Preis von knapp 900 Euro hatte sie aber schon bezahlt. Bis heute wartet sie auf eine finanzielle Entschädigung, die ihr zugesichert wurde.

So wie Stefanie F. ging es mehreren Kundinnen. Mittlerweile liegen bei der Duisburger Staatsanwaltschaft 45 Betrugsanzeigen gegen die Inhaberin des Geschäfts vor. Es geht um einen Schaden in fünfstelliger Summe. Vor dem Amtsgericht in Duisburg ist eine Zivilklage eingegangen von einer Kundin, die ebenfalls vergeblich auf ihr Brautkleid wartete.

Gekauft haben sie das Kleid in einem Brautmodengeschäft an der Kaiser-Friedrich-Straße in Duisburg-Marxloh. Rund um das Pollmannkreuz hat sich in den letzten 15 Jahren die Brautmoden-Meile entwickelt: Juweliere, Mode- und Schuhgeschäfte bieten alles für den großen Tag. Sie macht den als kriminell und sozial abgehängt geltenden Stadtteil zumindest tagsüber zu einer florierenden Einkaufsstraße. Fast alle Inhaber sind türkischstämmig. Die Brautmodengeschäfte verkaufen türkische Kleiderträume aus Tüll mit Reifröcken so ausladend, dass Bräute an ihrem Hochzeitstag nur mit einer Assistentin die Toilette aufsuchen können.

Der Laden an der Kaiser-Friedrich-Straße ist dafür bekannt, besonders prinzessinnenhafte, handgeschneiderte Kleider zu verkaufen. Die Kleider werden in der Türkei in einem Atelier angefertigt, verkauft werden sie in Deutschland.

Genau so ein Kleid wollte Stefanie F.. Schon beim ersten Besuch im Laden im Januar 2016 entschied sie sich für ein Modell mit Korsage und üppigen Tüllrock. Die Korsage sollte mit Perlen bestickt sein. F. musste den Kaufpreis von knapp 900 Euro sofort bezahlen. Dann ging das Kleid in die Türkei zur Produktion.

Was dann geschah, schildert die junge Frau im Gespräch mit unserer Redaktion: Beim ersten Anprobetermin war das Kleid nicht fertig, beim nächsten Mal musste Stefanie F. eine Korsage anprobieren, die ihr viel zu groß war. Bei einem neuen Termin passte zwar die Korsage, sie gehörte aber nicht zu ihrem Kleid. "Insgesamt war ich acht Mal im Brautmodengeschäft", sagt F. Das einzige, was sie zwischendurch von ihrem Kleid sah, war ein Foto aus dem Atelier in der Türkei, das die Inhaberin ihr per WhatsApp schickte. "Im August, einen Monat vor meinem Hochzeitstag, bin ich das letzte Mal mit meinem Vater in das Geschäft gegangen und habe die Herausgabe des unfertigen Kleides verlangt."

Das Kleid war auch da, nur noch nicht fertig. "Die Perlen auf der Korsage waren lose. Ich musste das Kleid zu einer anderen Schneiderin geben, die es fertig gemacht hat", sagt F. Mit der Inhaberin vereinbarte sie, dass sie einen Nachlass von 200 Euro auf den ursprünglichen Kaufpreis bekommen sollte. Das Geld hat sie auch fast ein halbes Jahr später noch nicht erhalten. "Ich glaube auch nicht mehr daran, dass da noch etwas kommt."

Eine andere ehemalige Kundin hat im Oktober 2016 Klage gegen die Ladeneigentümerin eingereicht. Das Amtsgericht in Hamborn bestätigt den Eingang. Demnach soll die Kundin aus Leverkusen ein Kleid bestellt und den vollen Kaufpreis bezahlt haben. Doch zur Übergabe des Kleides sei es nie gekommen. Stattdessen soll laut Aussage der Geschäftsinhaberin das Kleid in der Zollkontrolle steckengeblieben sein — und das kurz vor dem Hochzeitstag. Die Kundin entschied sich laut Klage dazu, den Kaufvertrag aufzulösen. Bis heute hat sie die 1250 Euro für das Kleid nicht zurückbekommen.

Auch die Staatsanwaltschaft in Duisburg ermittelt gegen die Inhaberin, nachdem nun 45 Betrugsanzeigen gegen sie vorliegen. Im vergangenen Herbst war das Geschäft für kurze Zeit geschlossen, die Frau hielt sich nach Informationen unserer Redaktion in der Türkei auf. Für Kundinnen hing ein Aushang im Schaufenster mit einer Handynummer. Dort konnten Kundinnen anrufen, die noch auf ihre Kleider warteten.

Mittlerweile ist der Laden wieder geöffnet. Wie unsere Redaktion erfuhr, wird es das Geschäft aber an dieser Stelle nicht mehr lange geben. Die Inhaberin weist die Vorwürfe zurück. Sie sehe sich als Leidtragende eines hart geführten Konkurrenzkampfes und bezeichnet die Vorgänge als "Rufmordkampagne", erklärte sie auf Anfrage unserer Redaktion.

Für Stefanie F. nahm der Stress mit dem Kleid doch noch ein gutes Ende. Am 3. September heiratete sie ihren Mann — im weißen Prinzessinnenkleid.

(heif)
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