Fotos Das alte Wesel als Panorama
Märkte waren im Mittelalter die Lebensader der Stadt – in Wesel vereint sich am Großen Markt alles, was zum mittelalterlichen Stadtkern gehört: Marktplatz, Rathaus und Kirche. Das Zentrum bildet hier der mächtige Willibrordi-Dom mit fünf Kirchenschiffen in größter Ausbaustufe, links ist die rote Fassade des gotischen Rathauses nach Vorbildern aus Flandern und Brabant zu sehen. Die bunten, prächtigen Haus-Fassaden dokumentieren: Hier wohnten die reichsten Bürger Wesels im 16. Jahrhundert.
Auch das gehört zum Großen Markt im 16. Jahrhundert in Wesel. Junggesellen (Gregor Vooren, Steuerberater, l. und Jens Schulz, Spardabank, r.) messen sich im Schwertkampf auf dem harten Kopfsteinpflaster. Hinten sitzen andere Junggesellen (u. a. Raphael Dymski, Hansegilde), trinken und vergnügen sich. Es gab auch Turniere, bei denen Reiter eine Wanne mit einer Lanze zu treffen versuchten oder eine Gans jagten.
Die Rückkehr des katholischen Glaubens: Der päpstliche Nuntius Coriolanus (Bernhard Dymski, l.) zieht ein, er führt die Stadtkirchen zeitweise zum katholischen Glauben zurück. Es ist die Zeit nach der spanischen Belagerung Ende des 16. Jahrhunderts. Bestärkt durch die Spanier zieht Coriolanus aus Köln in Wesel ein, mit einem Rutenbündel schlägt er auf die Altäre von Willibrordi-Dom und Mathena-Kirche ein, um sie zu züchtigen, anschließend zu weihen. Lange hält dies nicht an, in den Wirren des Krieges schwindet seine Macht, die Spanier kommen nach Wesel, 1614 besetzen sie die Stadt, führen Wesel in 15 Jahren Regentschaft an den Rande des Ruins. Diese Zeit gilt bis heute als Untergang der Blüte Wesels.
Bekannte Weseler Figuren von heute sind in dieser Darstellung zu sehen, etwa Stadtchefin Ulrike Westkamp (vorne) und Superintendent Thomas Brödenfeld (rechts von ihr). Weiterhin: Friedhelm van Dreumel (l.), Wolfdietrich Degler (2. v. l.), sowie Bernhard Dymski (r.). Gezeigt wird die Szene, wie der Niederländer Iman Ortzen als Kaplan und erster evangelischer Prediger nach dem Ostergottesdienst 1540 vor der Willibrordi-Kirche steht, umringt von Ratsmitgliedern.
Immer zur Antonius-Wallfahrt kamen die Musikanten und der Tanzbär nach Wesel. Die Stadt wollte den Pilgern ein Spektakel gönnen. Immer am dritten Sonntag nach Pfingsten strömten sie in Scharen nach Wesel. Sie besuchten die Statue des heiligen Antonius in der Mathena-Vorstadt, kauften auch Devotionalien, Pilgerzeichen in Silber, Zinn, Blei oder Messing. Aus den Erlösen wurde die Mathena-Kirche errichtet. Die letzte große Prozession zu Ehren des Antonius fand 1540 statt, ehe der lutherische Kaplan dem ein Ende setzte und das Gnadenbild dem Feuer übergab. Die Darsteller (die drei Jüngsten der Hansegilde, v. l.): Alexander Winkelmann, Henrik Bosse, Lukas Dymski.
Kluge Herren stecken die Köpfe zusammen. Die Szene zeigt den Philips van Marnix, Seele des niederländischen Aufstandes gegen die Spanier. Wilhelm, Fürst von Oranien, hat ihm viel zu verdanken – unter anderem die Wahl zum Statthalter. In Wesel legt van Marnix um 1568 die Leitlinien der niederländisch-reformierten Kirche fest. Immer wieder hielt er sich in Wesel auf. Das berühmte Wilhelmuslied der Niederländer, auch Geusenhymne genannt, ist Nationalhymne des Nachbarlandes. Es soll aus seiner Feder stammen – eine Variante des Liedes soll in Wesel gedruckt worden sein. Auch so besteht weiter eine enge Verbindung zum Nachbarn Holland. Die Darsteller (v. r.): Frank Dießenbacher, Claus Dießenbacher, Josef Hermsen und Rolf Strotkamp.
Mit dem Jahr 1540 ist Wesel lutherisch geprägt – die Mächtigen dieser Stadt gehören nun zu den Reformierten. Prozessionen, Heiligenbilder – all dies ist nun verboten. Es gibt aber eine kleine Gruppe von Menschen, die noch am alten Glauben hängt. Fraterherren und Dominikaner gehörten dazu, und sie versuchen gegen den lutherischen Trend, den alten Glauben am Leben zu halten. Die Szene hier zeigt, wie der Rektor des Fraterhauses (dargestellt von Pfarrer Stefan Sühling im schwarzen Gewand) geweihte Hostien im goldenen Kelch in Sicherheit zu bringen versucht. Spontan fallen einige Gläubige (Stadtmarketingchef Thomas Brocker, Connie Heller (l.) und Ulrike Furthmann, (r.) auf die Knie. Bruder Hermann zeigt ihnen, obwohl nicht ungefährlich, die Hostie.
Frauenpower auf dem Markt (Schülerinnen des Andreas-Vesalius-Gymnasiums): Immer zu Pfingsten trafen sich junge unverheiratete Mägde, um in heiterer Stimmung Bier zu trinken und Eierkäse zu essen. Aus ihrer Mitte wählten sie eine „Pfingstblume“ und feierten sie. Dieses Treiben unterband der Rat 1556 – öffentliche Ruhestörung sei das Treiben. Ob das alle Frauen abhielt, ist nicht überliefert.
Diese Szene zeigt Konrad Heresbach, Erzieher des Erbprinzen Wilhelm und Herzoglicher Rat (Ludwig Maritzen) sowie Heresbachs Frau Mechtelt van Duenen (Barbara Maritzen), im Jahr 1553. Der Gelehrte Heresbach war ein Humanist, von ihm stammte etwa die Maxime, dass Steuern nicht den kleinen Mann, sondern die hohen Herren belasten sollten. Heresbach war es, der den Herzog anhielt, die Lutheraner zu dulden, was zu einer längeren Phase des Friedens in Wesel führte, während anderswo schon Glaubenskriege wüteten. Heresbach war Bewohner dieser Stadt, vermachte ihr 1553 seinen Buchschatz, aus dem er sein Wissen schöpfte.
Luthers brennende Schriften im Jahr 1529 auf dem Weseler Marktplatz: Ein Händler aus Goslar hatte versucht, sie auf seiner Durchreise in Wesel unter das Volk zu bringen. Rechts betrachtet der Augustinereremit Johan van Zutphen (Christopher Nitsch) das Treiben, hält dabei eine Lutherschrift in der Hand, um seinen Widerwillen gegen das Verbrennen von Büchern zum Ausdruck zu bringen. Seine Ordensbrüder sind es, die in Wesel die Reformation vorantreiben. Van Zupthen wird drei Jahre später von der Kanzel aus ein Abendmahl mit Brot und Wein für die Gemeinde fordern.
Superintendent Thomas Brödenfeld als Kaplan Iman Ortzen – dieses Motiv ist Teil der Ausstellung, nicht Teil des Großpanoramas.
Pfarrer Stefan Sühling der heutigen Gemeinde St. Nikolaus stellt hier Hermann Dülmen dar, den damaligen Rektor des Fraterhauses.
Kurioses Detail: Auf dem Großpanorama war erst ein Sack mit Kartoffeln zu sehen. Dann fiel in letzter Minute einem Betrachter auf, dass es im Jahr 1540 noch keine Kartoffeln am Niederrhein gab, erst im 17. und 18. Jahrhundert fanden die Erdäpfel hier Verbreitung, erst unter Friedrich II. wurden sie angebaut.