Wesel Dem Online-Handel die Stirn bieten

Wesel · Was tun gegen die große Konkurrenz des Internets? Prof. Dr. Gerrit Heinemann und Elmar Fedderke zeigten Wege auf.

Ein Blick in den Ratssaal des Rathauses reichte am Mittwochabend, um festzustellen, wie sehr dieses Thema die Weseler Bürger interessiert. In dem waren nämlich kaum noch Plätze frei. Vor allem der stationäre Handel war zahlreich vertreten, um bei der Auftaktveranstaltung zum Thema "Wozu noch Innenstädte? Der Online-Handel auf dem Vormarsch." dabei zu sein.

Die Besucher erlebten zwei überaus interessante Vorträge. Denn die Wirtschaftsförderung der Stadt, die Werbegemeinschaft und Wesel Marketing hatten sich zwei hochkarätige Referenten gesichert. Den Anfang machte Prof. Dr. Gerrit Heinemann, der an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach BWL, Management und Handel unterrichtet und der zu diesem Thema bereits einige vielfach beachtete Bücher verfasst hat. Der Titel seines Vortrags: "Alles online oder was? Wie das Internet den Kunden und den Handel verändert."

Und dass das weltweite Netz erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Handels hat, verdeutlichte Heinemann eindrucksvoll. "Wer als Händler heute im Online-Bereich nicht präsent oder darauf eingestellt ist, was der Kunde erwartet, der wird verlieren", lautete seine Prognose. Die Zahlen hierzu: 53 Millionen Deutsche nutzen mittlerweile das Internet. Mehr als 40 Millionen verfügen über ein Smartphone und sind damit mobil online. "Das bedeutet gleichzeitig, dass der Kunde seinen Einkauf bereits auf dem Smartphone vorbereitet", erklärte Gerrit Heinemann. Für den stationären Händler hieße das nichts anderes, als sich auf diese Veränderungen einzustellen.

Das Stichwort Online-Shops lag da natürlich nah. Heinemann sparte in diesem Zusammenhang nicht mit Kritik. 50 Prozent der deutschen Online-Shops seien nicht optimiert, viele Händler würden nicht einmal über ein elektronisches Waren-Wirtschaftssystem verfügen. "Fachhandel, Verbände und Politik unterschätzen immer noch die Wucht des Online-Handels", so Heinemann, der auf den Marktführer Amazon verwies, den er aufgrund seiner Dominanz, die beinahe schon einer Monopol-Stellung gleiche, aber auch kritisierte: "Diese Feuerwalze muss aufgehalten werden."

Referent Nummer zwei, Handelsexperte und Buchautor Elmar Fedderke, beleuchtete das Thema des Abends aus einem anderen Blickwinkel. Der Geschäftsführer der Düsseldorfer Firma Walgenbach, Spezialist für Elektro-Haushaltsgeräte, war zwar auch der Auffassung, dass der Vormarsch des Internets nicht mehr aufzuhalten sei. Doch gleich zu Beginn seines Vortrages unter dem Titel "Handel(n) mit Profil - erfolgreich stationär im digitalen Zeitalter" sagte Fedderke: "Ich bin gerne stationärer Einzelhändler." Er forderte die Händler zu mehr Selbstkritik auf. "Bevor wir über die Situation jammern, sollten wir uns fragen, was wir verändern, wie wir uns verbessern können." Den "Faktor Mensch", den ein Online-Händler nun mal nicht bieten könne, setzte er dabei an die erste Stelle. "Diesen Joker müssen wir für uns nutzen. Mit ihm müssen wir die Zahl der Internet-Kunden, die unser Geschäft betreten und ohne einzukaufen wieder verlassen, reduzieren", sagte er.

Beide Referenten waren sich einig, dass vor allem kleinere Städte, zu denen auch Wesel zählt, die Internet-Konkurrenz weiter zu spüren bekäme. Wesel hat daher eine "Arbeitsgruppe Handel" ins Leben gerufen. Der Abend im Rathaus war der Startschuss für eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die bis zum Juni dauern werden.

(me)
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