Frank Krause im Interview "Den Mut haben, Neues zu probieren"

Wesel · Der Weseler Frank Krause, mehr als zwei Jahrzehnte bei Vodafone, steigt mit 50 die Karriereleiter noch ein Stückchen weiter nach oben. Bei United Internet, der Holding des Internet-Riesen 1&1, wird er zum 1. Juni neuer Finanzvorstand.

Der aus Wesel stammende Frank Krause (50), zuletzt in der Geschäftsführung des Düsseldorfer Mobilfunkanbieters Vodafone im Bereich Strategie und Unternehmensentwicklung tätig, wechselt zum 1. Juni zu Europas führendem Internetspezialisten United Internet mit Sitz in Montabaur (Westerwald). Der breiten Öffentlichkeit ist das Unternehmen wohl eher über die etablierten Marken 1&1, GMX, web.de und Versatel bekannt. Ein Gespräch über eine ungewöhnliche, weil in dieser Form nicht geplante Karriere, über Familie, Freundschaften und andere wichtige Dinge im Leben.

Kürzlich hat Jens Schulte-Bockum als Chef von Vodafone Deutschland seinen Rückzug angekündigt. Mit ihm haben Sie ja als Mitglied der Geschäftsführung in Düsseldorf eng zusammengearbeitet. War seine Entscheidung ausschlaggebend für Ihren nun anstehenden Wechsel?

Frank Krause Überhaupt nicht. Der Schritt, den ich jetzt gehe, ist ja keine Entscheidung gegen Vodafone. Ich habe dem Unternehmen, für das ich insgesamt mehr als 20 Jahre gearbeitet habe und davon fünf Jahre auch in Ungarn und der Türkei tätig war, viel zu verdanken. Zu Jens Schulte-Bockum, meinem direkten Chef bei Vodafone, hatte und habe ich ein tolles Verhältnis.

Montabaur, der Sitz von United Internet, ist nur eine knappe Autostunde vom Taunus entfernt, wo Ihre Familie lebt.

Krause Auch das war nicht der Grund. Ich bin kürzlich 50 geworden und habe die Möglichkeit bekommen, in den Vorstand der United Internet AG zu wechseln. Ich werde dort Finanzvorstand und kümmere mich auch um das Thema Personal. Eine Aufgabe, die mich wirklich sehr reizt. Ich bin seit 23 Jahren in der Branche und habe die tolle Entwicklung des Unternehmens schon immer beobachtet. Wenn ich mir die vergangenen 20 Jahre ansehe, dann passt auch der jetzige Schritt sehr gut ins Bild. Meine bisherige Entwicklung ist auf der einen Seite von großer Konstanz geprägt, mit mehr als 20 Jahren in der gleichen Branche und beim gleichen Konzern, auf der anderen Seite von der Bereitschaft, immer Neues kennenzulernen. Auch der jetzige Schritt ist wieder etwas Neues in einem bekannten Umfeld. Man muss sagen, dass ich viele der handelnden Personen bei United Internet kenne. Die Branche ist halt überschaubar, man kennt sich.

Wollten Sie eigentlich schon als Schüler des Konrad-Duden-Gymnasiums in Wesel Karriere machen?

Krause Nein. Diese Schritte kann man nicht im Voraus planen. Da spielen viele Komponenten eine Rolle. Und es gehört viel Glück dazu, beispielsweise zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein.

Wo waren Sie wann genau richtig?

Krause Im Juni 1992 war der kommerzielle Start von Mannesmann Mobilfunk. Damals war ich drei Monate im Unternehmen. Mein Vater fragte mich damals, warum ich denn nicht nach Duisburg zu Haniel gegangen sei. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass dieses neue Produkt etwas hat, das mich reizt. Ich war also in einer ganz neuen Branche, die sich sehr gut entwickelt hat, von Anfang an dabei. Also zur richtigen Zeit am richtigen Ort, ohne zu wissen, wie sich diese Branche entwickeln wird.

Was gehört aus Ihrer Sicht noch dazu, beruflich ganz vorne zu landen?

Krause Man sollte alle Schritte sorgfältig abwägen - auch mit der Familie oder Freunden. Aber man sollte auch den Mut haben, Neues auszuprobieren. Das kann natürlich auch mal schief gehen oder problematisch sein.

Ist bei Ihnen denn schon mal wirklich etwas schief gegangen?

Krause Ich erinnere mich an die ersten Wochen mit meiner Familie in Budapest, wo vieles nicht funktioniert hat und die Familie den Auslandsaufenthalt als Belastung empfunden hat. Aber nach drei Monaten war alles gut. Ich hatte immer auch das Glück, dass ich mit Leuten zusammengekommen bin, die mir frühzeitig Verantwortung übertragen haben und mich etwas Neues haben ausprobieren lassen. Man braucht einfach solche Leute, die an einen glauben, die einen machen lassen. Das ist etwas, was ich mir angeeignet habe. Man kann junge Leute in kaltes Wasser werfen, sollte Ihnen aber immer signalisieren, dass man am Beckenrand steht. Damit fahre ich gut, bin praktisch noch nie enttäuscht worden.

Was raten Sie jungen Menschen? Was sollten sie beachten auf dem Weg ins Berufsleben?

Krause Man sollte offen für neue Herausforderungen sein und diese dann aber auch ergreifen. Es muss auch nicht unbedingt ein Auslandsaufenthalt sein. Aber man sollte sich möglichst breit aufstellen und neue Dinge ausprobieren. Ich habe viele Menschen während meiner Laufbahn kennengelernt, die von einer Sache ganz begeistert waren, dann aber nachvollziehbare Gründe vorgebracht haben, um letztlich nichts zu ändern. Und diese Gründe gibt es immer. Entscheidend ist, dass man etwas will, dann findet man auch immer Wege, mit Hürden umzugehen. Auf Führungs-Nachwuchsveranstaltungen bin ich oft gefragt worden, wie das so sei mit Familie im Ausland, wann die Kinder das richtige Alter hätten.

Und wie lautet Ihre Antwort?

Krause Das ist das Gleiche wie mit der Frage nach dem Hausbau, dem Kinderkriegen und Heiraten: Es ist immer die richtige Zeit, man muss es nur wollen. Kinder partizipieren in jedem Alter von einem Auslandsaufenthalt, und damit meine ich nicht nur die sprachliche Entwicklung.

Von Managern ist zu hören, dass sie kalt und nicht selten rücksichtslos agieren. Sie machen da einen ganz anderen Eindruck.

Krause Man muss nicht unfair sein. Natürlich war ich bei Vodafone an vielen Entscheidungen beteiligt. Und wenn man harte und einschneidende Entscheidungen für einzelne treffen muss, auch dann sollte man es so machen, wie man selber gerne behandelt werden möchte. Da fällt mir noch etwas ein.

Bitte. Zum Thema Karrieretipps?

Krause Ja. Ich erlebe oft, dass Menschen sagen, das und das sind meine Prioritäten. Und dann erlebe ich, dass diese Leute ganz anders agieren.

Und wie?

Krause Prioritäten machen nur Sinn, wenn man ihnen auch Fokus widmet. Ein Beispiel vielleicht: Wenn man sagt, dass die Familie einen hohen Stellenwert hat und jemand einen runden Geburtstag oder der Sohn in der Schule eine Abschlussfeier hat, dann muss man dem Geschäftspartner sagen, dass man den Termin verschieben muss, weil es wichtigere Dinge gibt im Leben. Mit dieser Einstellung bin ich jedenfalls immer gut gefahren.

RP-REDAKTEUR KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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