Analyse Der Kandidat gibt schon den Verwaltungschef

Wesel · Von wegen der Wahlkampf beginnt erst nach den Sommerferien: Bernd Romanski (SPD) schreibt den Rathausmitarbeitern persönlich und schlüpft in die Chefrolle. Roswitha Bannert-Schlabes schickt Ostergrüße.

HAMMINKELN Nach der spannenden Kandidatenkür verordneten sich die Parteien demonstrative Ruhe vor dem Wahlkampf. Doch in Wirklichkeit sind Roswitha Bannert-Schlabes (CDU) und Bernd Romanski schon im gedämpften Wahlkampfmodus. Sie stellen sich anderen Ratsparteien vor, wobei die Grünen gerade eben in Sachen Wahlempfehlung abgewunken haben. Doch es geht darum, sich frühzeitig einen Namen zu machen. Die CDU-Kandidatin verschickt zusammen mit der CDU flächendeckend Ostergrüße an die Haushalte mit der Kernbotschaft "Ich will Bürgermeisterin von Hamminkeln werden" nebst persönlicher Vorstellung und ein paar politischen Aussagen. Romanski geht härter ran und trägt den Wahlkampf direkt ins Rathaus. Er schreibt den rund 280 Mitarbeitern, stellt sich vor und gibt dabei schon mal den Chef. Der Brief eines Kandidaten direkt an die Rathausleute ist bisher einmalig in einem Hamminkelner Wahlkampf.

Kostprobe: "Packen wir es zusammen an, gestalten wir unser Zuhause gemeinsam. Ich freue mich auf Sie, auf unser Team und unseren gemeinsamen Erfolg", klingt es wie in einer Antrittsrede vor versammelter Mannschaft. Der Unternehmer Romanski greift schon jetzt in die Motivationskiste, als habe er das von Bürgermeister Holger Schlierf bis September besetzte Büro schon eingenommen. "Wir brauchen in unserer Stadt einen politischen Stil, der eine Mitmach-Kultur fordert und fördert. Jeder von Ihnen ist mit seinen Aufgaben und seinen Kompetenzen wertvoller Teil dieses Kulturwandels. Wir alle sind kreative Gestalter unserer Heimat. Sie werden in den nächsten Wochen mehr von mir und meinen Ideen erfahren. Nein, das ist kein reiner Wahlkampf, das ist eine Einladung. Sie sollen den Menschen kennenlernen, der Sie zum Dialog und zum Mitmachen einlädt, den Bernd Joachim Romanski, der Chef Ihrer Verwaltung werden möchte, um gemeinsam mit Ihnen etwas zu unternehmen: Hamminkeln 2020!", schreibt der Motivator weiter.

Das kommt im Rathaus unterschiedlich an. Die einen finden es gut, dass sich ein Kandidat vorstellt und direkt meldet. Die anderen sehen eine Art "Amtsanmaßung" und überzogene Sprache im Vorpreschen des Kandidaten, während der Amtsinhaber noch kräftig wirbelt, und lehnen Beeinflussung ab. Ungenannt bleibt die Wirkung, die "Teamplayer" Romanski in seiner Unternehmerart in der Verwaltung verursacht, die gerade in der Zeit vor den Osterferien ein inhaltliches Mammutprogramm absolvierte. Manche dürften auch die Anforderungen skeptisch sehen, die eine unternehmerisch sozialisierte Führungskraft in eine Verwaltung bringen könnte. Sicher ist: Die Zahl der Mitarbeiter und ihrer Familien bedeuten ein interessantes Wählerreservoire.

Romanski, der sich im Brief vollständig mit Bernd Joachim vorstellt, sagt: "Das Schreiben ist für mich kein Wahlkampf. Ich stelle mich einfach den Rathausmitarbeitern vor, nennen meine Ziele und nehme sie mit auf die Reise." Der richtige Wahlkampf beginne tatsächlich nach den Sommerferien, neue Schreiben ins Rathaus werde es aber nicht geben, ist er vorsichtig. Bei der CDU herrscht demonstrative Gelassenheit. Doch sie weiß, dass jede Kandidatenwerbung zählt. Nicht zufällig vom Zeitpunkt folgt die zwar konventionelle, aber nette Methode mit den Ostergrüßen. Schließlich muss Bannert-Schlabes ihren Namen bekannt machen. Das eint die beiden Kandidaten.

(RP)
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