Wesel Der Stadthafen sieht wieder Land

Wesel · Stadtwerke-Geschäftsführer Franz Michelbrink äussert sich zum Last-Minute-Vertrag im Stadthafen mit Logistiker Rhenus, bevor dieser mit teuren Folgen für Wesel in eine neue Gesellschaft übergeht. Er beleuchtet auch die Wirkung auf die Stadtwerke.

 Kurz bevor der Weseler Stadthafen in die neue Häfen-Gesellschaft Delta-Port übergeht, wurde Logistiker Rhenus langfristig an den Standort gebunden.

Kurz bevor der Weseler Stadthafen in die neue Häfen-Gesellschaft Delta-Port übergeht, wurde Logistiker Rhenus langfristig an den Standort gebunden.

Foto: archiv

Die Stadtwerke haben mit dem Vertrag zur Hafennutzung mit dem Großlogistiker Rhenus einen wichtigen Schritt voran getan — und sich Luft verschafft im finanziellen Kampf um die künftige Hafen-Gesellschaft. Deren Gründung stockt aus steuerrechtlichen Gründen auf der Zielgeraden, obwohl sie eigentlich schon vollzogen sein sollte. Das Zeitfenster haben die Stadtwerke eigeninitiativ genutzt, um Rhenus zu binden und so die Auslastung des Stadthafens langfristig (bis 2038) zu sichern. Alternative wäre das Warten auf Aktivitäten der neue Hafen-Geschäftsführung ohne Wesel gewesen — mit ungewissem zeitlichen Ausgang und nach Meinung nicht weniger Beobachter mit erheblichem Gefährdungspotenzial für die Finanzkraft der Stadtwerke. Über die Zukunft der städtischen Tochter, die Jahr für Jahr zwei Millionen Euro an die Stadtkasse abführt und weiter abführen soll und dennoch politisch finanziellem Risiko ausgesetzt wird, sprach RP-Redaktionsleiter Thomas Hesse mit Geschäftsführer Franz Michelbrink.

 Franz Michelbrink hat mit dem Rhenus-Deal Erlöse gesichert.

Franz Michelbrink hat mit dem Rhenus-Deal Erlöse gesichert.

Foto: Malz, Ekkehart

Der Nutzungsvertrag mit Rhenus kam überraschend. Wie war der Ausgangspunkt für die Stadtwerke, den Noch-Hafenbetreiber?

Michelbrink Wir waren in einer schwierigen Situation. Die Stadtwerke haben die Grundstücke im Stadthafen seit 15 Jahren für Überlegungen für das Vorhaben "Wesel an den Rhein" (Wohnen, Freizeit) zur Verfügung gestellt. Die Firmen, die dort Güterumschlag betreiben, haben mangels Perspektiven nicht mehr investiert. Die Infrastruktur verkam, die Kaimauer ist bekanntlich marode, die Hafenbahn in Teilen nicht mehr nutzbar. "Wesel an den Rhein" kam nicht.

Die Häfen-Gesellschaft passt in den wirtschaftlichen und landespolitischen Trend. Doch Wesel muss heftig investieren, um die Eintrittskarte in die Gesellschaft zu lösen.

Michelbrink Zwischenzeitlich entwickelte sich nicht nur landesweit der Bedarf nach Hafenkapazitäten. Hier greift folgerichtig die neue Häfen-Gesellschaft mit dem Kreis Wesel und den Standorten Stadthafen, Emmelsum und Rhein-Lippe-Hafen ein. Gegenüber dem Wasser- und Schifffahrtsamt gibt es die Verpflichtung, die Kaimauer bis 2015 neu zu bauen oder abzureißen und eine Böschung zum Wasser hin herzustellen. Wir haben uns intensiv im Aufsichtsrat mit einer Alternative beschäftigt, ein Rückbau wäre aber so teuer wie die Sanierung geworden — nur ohne wirtschaftlichen Nutzen. Außerdem ging es um die Frage hochwertiger Folgenutzung im Hafengebiet. Kläranlage, Tanklager, nicht hochwasserfrei — die Voraussetzungen etwa für Wohnen oder Hotel sind aber schlecht.

Als Logistikstandort hat der Stadthafen trotz seiner Mängel aber Potenzial?

Michelbrink Die Globalisierung hat zu Warenströmen ohne Ende geführt. Wesel liegt am wichtigsten Teil der wichtigsten Wasserstraße Deutschlands. Es gibt also gute Gründe, den Logistikstandort Hafen zu reanimieren, und vor diesem Hintergrund haben wir Gespräche geführt. Dazu kommt, dass die langwierigen Verhandlungen um die neue Häfen-Gesellschaft dazu führten, dass die Verträge am Ende den Stadtwerken die finanziellen Risiken für Investitionen im Hafen aufbürden. Folglich war es von fundamentaler Bedeutung, dass den Investitionen genug Erlöse gegenüberstehen. Also: der Güterumschlag erhöht wird und ein Teil der Güter mit der Hafenbahn transportiert wird. Wir haben die Chance jetzt genutzt und sind sehr froh, mit Rhenus einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Das Unternehmen hatte zur Jahreswende 2011/12 das Europageschäft der britischen Wincanton gekauft, die auch im Stadthafen tätig ist. Damit ist der Standort für Rhenus wichtiger geworden.

Sie sind zufrieden mit dem Vertrag, klingt da heraus.

Michelbrink In monatelangen Verhandlungen haben wir eine gemeinsame Perspektive mit Rhenus erarbeitet. Ich bin in der Tat mehr als zufrieden mit dem jetzigen Vertrag. Wir haben einen großen Logistiker, der weltweit agiert, langfristig gebunden. Rhenus ist Garant für den Güterumschlag im Hafen und will vor dem Hintergrund von Planungssicherheit eigene Investitionen tätigen. Die Stadtwerke haben sich im Gegenzug verpflichtet, Kaimauer und Hafenbahn bis 2014 zu erneuern. Das erste Stück der Kaimauer — Investitionsvolumen: zehn Millionen Euro — muss Anfang 2014 fertig sein.

Wie sieht die Zukunft des Stadthafens und des Financiers Stadtwerke nun aus?

Michelbrink Der Vertrag mit Rhenus bietet Gewähr dafür, dass hohe Investitionen durch Erlöse refinanziert werden können. Ich habe persönlich immer an die Zukunft des Logistikstandorts Stadthafen geglaubt. Er wird sich nun gut entwickeln können.

Wir erinnern uns an heftige politische Kritik in Sachen Hafen, aber das soll hier nicht Thema sein. Mehr interessiert uns aktuell: Mit dem Vertrag könnte eine Sogwirkung auf andere Firmen entstehen.

Michelbrink Andere Firmen haben angekündigt, sie würden sich zurückziehen, wenn kein Logistiker sich engagiert im Hafen. Rhenus bedient auch die ansässigen Formen RWZ (Getreide, landwirtschaftliche Güter) und Ufok (Tiernahrung). Hier ist weiteres Potenzial.

Nur: Was hat Wesel davon?

Michelbrink Ich glaube, das Ergebnis ist eine sehr gute Sache für die Stadt. Der reaktivierte Standort bringt Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und zieht weitere Aktivitäten von Firmen nach sich. Auch für Häfen-Gesellschaft ist der Vertrag wichtig, denn Erlöse sind nachhaltig gesichert. Die Stadtwerke haben mehr Luft, sich auf ihre weiteren Aktivitäten, vor allem im Bereiche regenerative Energien, zu konzentrieren.

(RP/ac)
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