Wesel Deutschland, wie es leibt und lebt

Wesel · Das Kabaretturgestein Kom(m)ödchen gastierte in Wesel und lieferte brillant gesetzte Anspielungen und Spitzen.

 Martin Maier-Bode und Daniel Graf waren Teil des Ensembles in Wesel.

Martin Maier-Bode und Daniel Graf waren Teil des Ensembles in Wesel.

Foto: ROLFES

Und immer wieder lacht der Deutsche gerne über sich, denn nur so ist es wohl zu erklären, dass das "Kom(m)ödchen" als Kabaretturgestein sein aktuelles Programm "Deutschland gucken" genannt hat. Am Donnerstagabend füllte das besonders auch für seine politischen Spitzen bekannte Ensemble das Städtische Bühnenhaus.

Schludrig eingeräumte Regale, ein Tisch mit Nippes und zwei Stühle sowie eine Couch und natürlich ein Fernsehapparat auf 'nem kleinen weißen Plüschteppich dienten als Kulisse für das besonders freudig aufspielende Viererensemble, bestehend aus Daniel Graf, Martin Maier-Bode, Heiko Seidel und Maike Kühl. Die drei Männer spielen: Lutz Krämer - einen ewigen Studenten, der wenig ordnungsliebend ist und so manche Marotte während seiner Studienzeit entwickelt hat. Dieter Schneider - ein Vertriebsleiter, der regelmäßig 13 Stunden am Tag arbeitet, um kleine Plastikteile herzustellen. Bodo Holmenberg - lebensfroher Erbe eines Millionenvermögens, der von seinem Vermögen lebt und sich irgendwie nutzlos vorkommt, doch zugleich Yuppie-Allüren lebt.

Vorgestellt werden die drei von Solveig, einer Filmemacherin und Freundin von Bodo, die den Anstoß in der Runde gibt, sich in und mit gesellschaftskritischen sowie politischen Statements zu überschlagen. "Die AfD ist keine normale Partei. Das ist ADHS als Partei", hört man da. Solche Sprüche, die erschreckend drastisch und pointiert wirken, stammen aus der Feder des bewährten Autorenteams für das Düsseldorfer Kom(m)ödchen: Dietmar Jacobs, Martin Maier-Bode und Christian Ehring.

Auf der Suche nach "Deutscher Identität" und worauf man als Deutscher stolz sein kann, kalauern, streiten und singen sich die vier brillant spielenden "Freunde" durch so mache Absurdität der realen Welt. Da kommen Fragen aufs Tablett wie: Ist die Fifa ein Hort der Korruption? Kann veganes Leben das Klima retten? Eigentlich wollten die Männer einen gemütlichen Fußballabend vor dem Fernseher erleben, aber Solveigs Vorhaben, den Männerabend auf Video zu bannen, um eine Doku fürs TV zu produzieren, sorgt für reichlich Turbulenz und Skurrilität im Benehmen und Denken der Männer.

Da belehrt der leibhaftige "Integrationskasper" mit einer Rute seinem irgendwie arabisch wirkenden Freund "Seppül" zum Thema Integration. Die Großmutter spricht im prolligen Slang, beklagt lautstark die mangelnde deutsche Sprachfähigkeit Seppüls. Der Wachtmeister hat den Seppül im Fahndungsraster und will ihn gleich verhaften. Diese brillant gesetzten Anspielungen und Übertragungen kommen beim Publikum sehr gut an, genau wie der Monolog eines kanadischen Bären, der dem deutschen Lebensalltag den Spiegel vorhält. Egal in welche Rollen die Bühnenakteure schlüpften, alle verkörperten Deutschland, wie es leibt und lebt. mm

(RP)
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