Wesel Die ganze Welt des Eierbechers

Wesel · Die besondere Osterausstellung: Heimatmuseum Bislich zeigt eine beeindruckende Bechersammlung des Krefelders Dr. Carl Ludwig Riedel. Der ist Mitglied im „Egg Cup Collectors Club“.

Professoren und Grafen, Könige und Herzöge scheinen Eier als Leib- und Magenspeise zu schätzen. Wie sonst könnte es sein, dass ein Prof. Rainer Schade (Leipzig) sich 1999 einen liegenden Eierbecher „für Querdenker“ patentieren ließ. Was er nicht wusste: Bereits um 1700 hatten Reisende schon Doppeleierbecher dabei, mit dem man durch einfaches Umdrehen sein Ei sowohl stehend als auch liegend genießen konnte. Der Inhalt wurde nicht selten mit hinein getunkten „Brotfingern“ geschlürft.

„Endlich mal ein Mann, der Eierbecher sammelt“, soll aufatmend Graf Friedrich zu Eulenburg, Kleve, selbst begeisterter Bechersammler, gesagt haben, als er vor Jahren per Zufall auf eine verwandte Seele traf: Dr. Carl Ludwig Riedel (61), langjähriges, passioniertes Mitglied des englischen „Egg Cup Collectors Club“, hat in 38 Jahren rund 950 Stück zusammen getragen. Die Sammlung stellt er jetzt als Leihgabe dem Heimatmuseum Bislich zur Verfügung.

Plastik, Seide, Fabergé

Kostbare Stücke kosten bis zu 3000 Euro. Ganz ausgefallene Modelle sind zu sehen. Die Auswahl reicht vom „Suzie-Wong“-Vogel aus Plastik (Hongkong) bis zurück zum kostbaren Cloisonné-Becher von Fabergé mit anschraubbaren Füßen. Eine besondere Errungenschaft ist der Bürstenbecher, den das Blindenhilfswerk Berlin aus gestylten Spülbürsten macht. Aus der Seidenstadt Krefeld hat Riedel Sie-Knöngels (Seidenknäuel) mitgebracht mit aufgezogenen Mustern aus alten Krawatten. Gezeigt wird auch teils liebenswerter Kitsch aus Keramik: Froschkönig, Hase oder Minikuh. Dazwischen ein grünes Huhn, Modell Sonja, aus der DDR; dort lehrte Riedel an der Ostberliner Uni, bis er 1986 Leiter der milchwirtschaftlichen Lehr- und Untersuchungsanstalt Krefeld wurde. Doch jede Sammlerleidenschaft braucht Initialzündung: Hier war es 1968 in einem Berliner Gebrauchtwarenhaus ein Becher mit Stadtwappen von Leutenberg/Thüringen für 10 Pfennig. „Von da an ging ich nur noch mit Sammleraugen durch die Welt“, so Riedel.

Wappeneier mag er bis heute am liebsten. In einem Abriss zur Kulturgeschichte des Eierbechers stellt Riedel fest, dass Germanen nichts von solchen Tischsitten hielten. Griechische Pfau- und Nilgans-Ei-Fans futterten auch eher ohne Becher! In Chile benutzt man heute noch keine. Römer und mittelalterliche Herzöge besaßen bereits solche aus Silber.

(RP)
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