Wesel Die Ruhrpott-Insulaner

Wesel · Sonne im Oktober! Es soll noch mal richtig warm werden. Der Campingplatz Grav-Insel bei Flüren wird heute also zum Leben erwachen. Grills glühen, Hunde kläffen, und allerlei schräge Ruhrgebietstypen werden ihre Lieblingsinsel am Niederrhein besuchen. Unsere Fotografin Jana Bauch hat sich mit Bewohnern unterhalten.

Wesel: Die Ruhrpott-Insulaner
Foto: Jana Bauch

Was für Deutschland Mallorca, das ist für das Ruhrgebiet die Grav-Insel. Dieser Campingplatz in Flüren ist die Insel des Kohlenpotts, das Refugium für Stressgeplagte. Kurz bevor der Rhein in Bislich eine Kurve schlägt, liegt dieses Fleckchen Erde, auf dem Menschen sich mit nur wenigen Quadratmetern Wohnfläche zufrieden geben, auf dem sie glücklich sind, wenn die Sonne scheint, die Rosen blühen und sie den lieben Gott einen guten Mann seinlassen dürfen. Viele leben sogar dauerhaft hier. Keinen Straßenlärm hört man hier, nur das Tuckern der Schiffe. Auf der Grav-Insel kann sich der Ruhrpottler seine Ration Frischluft abholen. Wenn es nicht gerade so heiß ist wie an diesem Wochenende, und die Grillkohlen glühen. Wer einmal auf der Grav-Insel war, der weiß: Es wird dort oft und viel gegrillt.

 Thomas aus Wetter an der Ruhr, 52 Jahre, arbeitet als Busfahrer: "In meinem Job befördere ich oft mehr als 1.000 Leute täglich. Die Schichtarbeit ist stressig, das hier ist mein Ausgleich. Runterkommen, ein bisschen fernsehen, in der Sonne liegen, Tiere beobachten oder auch skypen. Beim Skypen versende ich dann immer einen schönen Gruß von der Insel. Besonders gut gefällt mir auch das kameradschaftliche Miteinander hier. Egal was ist, wenn du was brauchst, die Camper helfen. Camper halten zusammen. Jeder passt auf jeden auf. Ich verbringe mein erstes Jahr als Saisoncamper hier. Meine Freundin Amelie und ich sind von einem befreundeten Pärchen eingeladen worden."

Thomas aus Wetter an der Ruhr, 52 Jahre, arbeitet als Busfahrer: "In meinem Job befördere ich oft mehr als 1.000 Leute täglich. Die Schichtarbeit ist stressig, das hier ist mein Ausgleich. Runterkommen, ein bisschen fernsehen, in der Sonne liegen, Tiere beobachten oder auch skypen. Beim Skypen versende ich dann immer einen schönen Gruß von der Insel. Besonders gut gefällt mir auch das kameradschaftliche Miteinander hier. Egal was ist, wenn du was brauchst, die Camper helfen. Camper halten zusammen. Jeder passt auf jeden auf. Ich verbringe mein erstes Jahr als Saisoncamper hier. Meine Freundin Amelie und ich sind von einem befreundeten Pärchen eingeladen worden."

Foto: Jana Bauch

Die Grav-Insel gilt als der größte Familiencampingplatz in Deutschland - 2000 feste Stellplätze, 500 für Touristen, 2,4 Millionen Quadratmeter Fläche -, und doch ist dies eine eigene Welt der Camper. Viele Weseler haben die Insel noch nie von Nahem gesehen. Dabei lebt man dort doch wie in einer eigenen kleinen Stadt: Bootshafen, ein eigenes Rettungszentrum mit Kranken- und Notarztwagen, eine Diskothek mit Platz für 2.500 Besucher, eigene Elektriker und eine Insel-Zeitung. In Spitzenzeiten halten sich hier 9.000 Besucher auf.

 Renate, Postbankbeamtin, 58 Jahre: "Ich bin erst seit zwei Jahren hier. Zuvor habe ich seit 1982 in Borken gecampt, bis dort der Platz geschlossen wurde. Der Campingplatz in Borken hatte nur 350 Stellplätze, wesentlich weniger als die Grav-Insel mit ihren 2500 Plätzen. Manchmal vermisse ich den kleinen Platz in Borken und seine Bewohner. Bis auf ein paar Gestaltungs-Vorschriften habe ich hier eigentlich alle Freiheiten. Ich habe mich für die Grav-Insel entschieden, da sie sicherlich nicht schließen wird. Dauerhaft hier zu wohnen, kann ich mir noch nicht vorstellen. In der Wohnung ist es auf Dauer doch wärmer."

Renate, Postbankbeamtin, 58 Jahre: "Ich bin erst seit zwei Jahren hier. Zuvor habe ich seit 1982 in Borken gecampt, bis dort der Platz geschlossen wurde. Der Campingplatz in Borken hatte nur 350 Stellplätze, wesentlich weniger als die Grav-Insel mit ihren 2500 Plätzen. Manchmal vermisse ich den kleinen Platz in Borken und seine Bewohner. Bis auf ein paar Gestaltungs-Vorschriften habe ich hier eigentlich alle Freiheiten. Ich habe mich für die Grav-Insel entschieden, da sie sicherlich nicht schließen wird. Dauerhaft hier zu wohnen, kann ich mir noch nicht vorstellen. In der Wohnung ist es auf Dauer doch wärmer."

Foto: Jana Bauch

Dass auf der Grav-Insel außergewöhnlich viele Freaks leben, wird gerne gesagt. Als sei dieser Campingplatz ein Panoptikum kurioser Gestalten. Wer sich jemals für mehrere Stunden in der Fußgängerzone einer mittelgroßen Kleinstadt aufgehalten hat, der lernt: Der Wahnsinn ist überall zu Hause.

 Gabriele Heidemann, 58 Jahre, Altenpflegerin, und Karl-Heinz Heidemann, 59 Jahre, Chemikant aus Rheinberg mit Collie Olli: "Seit zehn Jahren haben wir hier unseren Platz gefunden. Der Campingplatz ist nah an unserem Wohnort gelegen. Und es ist praktisch, etwas in der Nähe zu haben, da wir durch die Familie etwas gebunden sind. Das Tolle an der Lage ist, dass uns so viele Freunde und Familienmitglieder besuchen können. Die Ruhe hier gefällt uns gut. Auch auf die Nachbarn hier ist Verlass. Ohne die könnten wir beispielsweise keine Blumen haben. Die kümmern sich, wässern und passen auf, dass nichts wegkommt, wenn wir nicht hier sind. Langfristig gesehen möchten wir gerne hierbleiben und uns im Rentenalter ein größeres Anwesen kaufen - ein Mobilheim."

Gabriele Heidemann, 58 Jahre, Altenpflegerin, und Karl-Heinz Heidemann, 59 Jahre, Chemikant aus Rheinberg mit Collie Olli: "Seit zehn Jahren haben wir hier unseren Platz gefunden. Der Campingplatz ist nah an unserem Wohnort gelegen. Und es ist praktisch, etwas in der Nähe zu haben, da wir durch die Familie etwas gebunden sind. Das Tolle an der Lage ist, dass uns so viele Freunde und Familienmitglieder besuchen können. Die Ruhe hier gefällt uns gut. Auch auf die Nachbarn hier ist Verlass. Ohne die könnten wir beispielsweise keine Blumen haben. Die kümmern sich, wässern und passen auf, dass nichts wegkommt, wenn wir nicht hier sind. Langfristig gesehen möchten wir gerne hierbleiben und uns im Rentenalter ein größeres Anwesen kaufen - ein Mobilheim."

Foto: Jana Bauch
 Stromkilometer 818 des Rheins. Hier liegt Deutschlands größter Campingplatz. Willkommen auf der Grav-Insel, einer ganz eigenen Campingwelt mitten im Kreis Wesel.

Stromkilometer 818 des Rheins. Hier liegt Deutschlands größter Campingplatz. Willkommen auf der Grav-Insel, einer ganz eigenen Campingwelt mitten im Kreis Wesel.

Foto: Jana Bauch
 Stillleben: So ein Wohnwagen hat ja immer etwas Heimeliges. Als Außen-Stehender möchte man wissen, wie es drinnen aussieht. Doch manchmal sind alle Vorhänge zugezogen.

Stillleben: So ein Wohnwagen hat ja immer etwas Heimeliges. Als Außen-Stehender möchte man wissen, wie es drinnen aussieht. Doch manchmal sind alle Vorhänge zugezogen.

Foto: Jana Bauch
 Jürgen Wollmann, 62 Jahre, Rentner: "Besonders im Winter ist es hier sehr ruhig - manchen allerdings ist es schon zu einsam. Früher bin ich auch oft von Campingplatz zu Campingplatz gezogen, aber die Zeiten sind vorbei. Seit 2014 wohnen meine Frau und ich hier auf dem Dauercampingplatz in einem Haus. Es fing vor 17 Jahren an mit einem Tagescampingplatz, dann folgte ein Wohnmobil. Wir sind gerade noch rechtzeitig eingezogen, bevor das Gesetz den Campingplatz als Erstwohnsitz verbat."

Jürgen Wollmann, 62 Jahre, Rentner: "Besonders im Winter ist es hier sehr ruhig - manchen allerdings ist es schon zu einsam. Früher bin ich auch oft von Campingplatz zu Campingplatz gezogen, aber die Zeiten sind vorbei. Seit 2014 wohnen meine Frau und ich hier auf dem Dauercampingplatz in einem Haus. Es fing vor 17 Jahren an mit einem Tagescampingplatz, dann folgte ein Wohnmobil. Wir sind gerade noch rechtzeitig eingezogen, bevor das Gesetz den Campingplatz als Erstwohnsitz verbat."

Foto: Jana Bauch
 Zigarette und Liegestuhl, was will man mehr? Geron (66) kommt aus Essen: "Ich bin schon seit 29 Jahren hier, immer im Sommer. Meinen festen Wohnsitz habe ich in Essen. Ich habe 45 Jahre meines Lebens als LKW-Fahrer gearbeitet, bin im Fernverkehr durch ganz Europa gefahren. Nun bin ich froh, dass ich hier keinen Stress habe und nicht mehr viel Auto fahren muss. Einfach Ruhe."

Zigarette und Liegestuhl, was will man mehr? Geron (66) kommt aus Essen: "Ich bin schon seit 29 Jahren hier, immer im Sommer. Meinen festen Wohnsitz habe ich in Essen. Ich habe 45 Jahre meines Lebens als LKW-Fahrer gearbeitet, bin im Fernverkehr durch ganz Europa gefahren. Nun bin ich froh, dass ich hier keinen Stress habe und nicht mehr viel Auto fahren muss. Einfach Ruhe."

Foto: Jana Bauch
 Was nicht passt, wird passend gemacht: Normale Autofahrer wären in diese Parklücke wohl niemals reingefahren. Nicht so dieser Wohnmobilfahrer. Auch schön: die wehende Schalke-Fahne.

Was nicht passt, wird passend gemacht: Normale Autofahrer wären in diese Parklücke wohl niemals reingefahren. Nicht so dieser Wohnmobilfahrer. Auch schön: die wehende Schalke-Fahne.

Foto: Jana Bauch
 Hier wache ich! Auf der Grav-Insel ist Platz für jede Menge schräger Typen. Und wenn sie allzu schräg werden, bellt immer noch der Hund.

Hier wache ich! Auf der Grav-Insel ist Platz für jede Menge schräger Typen. Und wenn sie allzu schräg werden, bellt immer noch der Hund.

Foto: Jana Bauch
 Campingherz, was willst Du mehr? Idyllischer kann man kaum seine Ferien verbringen: Sandstrand, Grill und ein stolzer Strom. Die Grav-Insel liegt direkt am Rhein bei Flüren. Im Hintergrund ist die Weseler Rheinbrücke zu erkennen.

Campingherz, was willst Du mehr? Idyllischer kann man kaum seine Ferien verbringen: Sandstrand, Grill und ein stolzer Strom. Die Grav-Insel liegt direkt am Rhein bei Flüren. Im Hintergrund ist die Weseler Rheinbrücke zu erkennen.

Foto: Jana Bauch
 Wo Deich ist, da sind Schafe. Auf der Grav-Insel kann man der Tierwelt sehr nahe kommen. Die Tiere dürfen hier dauerhaft leben. Für Menschen gilt: Seit 2014 dürfen sie nicht mehr mit Erstwohnsitz auf dem Campingplatz gemeldet sein.

Wo Deich ist, da sind Schafe. Auf der Grav-Insel kann man der Tierwelt sehr nahe kommen. Die Tiere dürfen hier dauerhaft leben. Für Menschen gilt: Seit 2014 dürfen sie nicht mehr mit Erstwohnsitz auf dem Campingplatz gemeldet sein.

Foto: Jana Bauch

Die Geschichte der Campingplatz-Gründung erzählt Frank Seibt gerne. Er ist mittlerweile Chef des Platzes. 1968, im Alter von sechs Jahren, habe er mit seinen Eltern einen Ausflug unternommen. Sein Vater sei auf den Turm des verlassenen Klosters gestiegen und habe auf die damals nahezu unbebaute Fläche geblickt. "Ich sehe hier ein Meer von Wohnwagen", soll er verkündet haben. Schon zehn Jahre später gab es 1.000 Stellplätze. Später wurde der Campingplatz sogar eingedeicht, um ihn vor Hochwasser zu schützen. Seitdem sind die Menschen noch länger hier, viele wollen dauerhaft bleiben. Im Unterschied zu Malle ist nämlich Grav-Insel nicht nur einmal im Jahr.

(RP)
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