Wesel Eine Muckibude für die Speiseröhre

Wesel · Was sauer aufstößt, kann ernste Folgen haben. Jeder Fünfte ist in Behandlung. Sodbrennen und Reflux sind am Dienstag, 14. März, Themen einer RP-Telefonaktion mit Dr. Olaf Hansen und Dr. Vivianda Menke vom Evangelischen Krankenhaus.

Wesel: Eine Muckibude für die Speiseröhre
Foto: Tobias Hase

"Das vertrage ich nicht. Davon bekomme ich Sodbrennen." Wer es noch nicht selbst gesagt hat, der hat es auf jeden Fall schon einmal gehört. Sodbrennen ist eine Volkskrankheit und wird allzugern unterschätzt. 40 Prozent der Bevölkerung sind betroffen von Reflux, jenem Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre, der dort fürs brennende Gefühl sorgt. Jeder Fünfte hat Beschwerden und ist mit der Diagnose Reflux-Krankheit in ärztlicher Behandlung. Das heißt: Im Kreis Wesel wohnen 500.000 Menschen und 100.000 sind betroffen von der Reflux-Krankheit. Es gibt verschiedene Möglichkeiten gegen die Beschwerden. Ausgewiesene Experten zu dem Thema gibt es am Evangelischen Krankenhaus Wesel (EVK), das seit dem 1. Januar anerkanntes Reflux-Zentrum ist. Für Fragen der RP-Leser stehen zwei Spezialisten am Dienstag, 14. März, von 16.30 bis 18 Uhr in einer Telefon-Sprechstunde unter 0281 14334 zur Verfügung: Chefarzt Dr. Olaf Hansen und Oberärztin Dr. Vivianda Menke.

Magensaft ist genauso aggressiv wie Salzsäure, und nur die Magenwand verträgt diesen sauren Saft. Ob dieser pur oder mit Nahrung die falsche Richtung nimmt: In der Speiseröhre macht er sich sofort äußerst unangenehm bemerkbar und kann zu ernsthaften Schäden führen. Spätere Krebsleiden nicht ausgeschlossen.

Wesel: Eine Muckibude für die Speiseröhre
Foto: Kira Alex

Das Reflux-Zentrum Niederrhein geht den Problemen umfassend auf den Grund. Dazu gehört eine detaillierte Erhebung. Häufigkeit, Dauer und Heftigkeit der Beschwerden, Medikamenten-Einnahme sowie die Ernährung werden abgefragt. Zucker, Alkohol, Fett und Nikotin wirken sich negativ aus.

Regelmäßig lässt sich mit geänderter Ernährung und Lebensweise schon Erfolg erzielen oder ein Eingriff positiv vorbereiten. Dr. Vivianda Menke sagt, dass sie froh ist, wenn der Patient durch Gewichtsverlust eine Linderung der Beschwerden erreicht, weil die Operation bei einem 180-Kilo-Menschen nicht ohne Risiko wäre.

Wesel: Eine Muckibude für die Speiseröhre
Foto: Malz Ekkehart

In einem Reflux-Zentrum sollten die notwendigen und vollständigen Untersuchungen durchgeführt werden. Das Evangelische Krankenhaus bietet Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten, so dass neben einer Magenspiegelung auch eine Langzeit-Säuremessung und eine Untersuchung der Muskelkraft und Koordination der Speiseröhre mittels einer Sonde über die Nase gemacht werden. Nach Auswertung der Befunde bekommen die Patienten eine persönliche Empfehlung als Therapieplan in die Hand.

Oft setzen Ärzte auf Behandlungen mit Säureblockern. "Das ist leicht und billig - das am häufigste verordnete Medikament der Welt", sagt Dr. Olaf Hansen. Aber es hat Nebenwirkungen. Zum Beispiel auf Stoffwechsel oder Darmflora.

Ernährungsberatung, Säureblocker und Magenoperationen sind je nach individueller Diagnose probate Methoden. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel für den Fall, dass lediglich ein schlapper Übergang zwischen Speiseröhre und Magen der Säure die Gelegenheit bietet, sich nach oben in die Speiseröhre auszubreiten. Wenn nämlich deren unterer Schließmuskel zum Mageneingang schwach geworden ist. Wie ein Schrittmacher das Herz in Bewegung hält, so gibt es auch ein Gerät, dass diesen Muskel stimuliert und trainiert. Dr. Menke spricht von einer "Muckibude für die untere Speiseröhre". Es ist ein neues Verfahren, entwickelt von Gastroenterologen, wenn Medikamente nicht weiterhelfen, eine große Magenoperation zu viel oder zu wenig wäre. Der Impulsgeber ist nicht größer als ein Streichholzbriefchen und wirkt 16 mal am Tag für jeweils 20 Minuten auf den unteren Schließmuskel der Speiseröhre ein.

Wenn die Diagnose stimmt und dafür eine bestimmte Liste im Reflux-Zentrum abgearbeitet worden ist, dann sind auch die Kassen bereit, den Einsatz des Stimulationsgerätes zu bezahlen, sagen die beiden Experten des Krankenhauses. Seit Oktober 2016 hat es hier 15 solcher Eingriffe gegeben. Deutschlandweit sind knapp 500 solchen Operationen gemacht worden. Insgesamt werden am EVK jährlich 60 bis 100 Reflux-Operationen durchgeführt. Die Zahl stationär behandelter Patienten schätzt Dr. Hansen auf 500 im Jahr, die gesamten Reflux-Patienten auf 700 bis 1000.

Das Einzugsgebiet am Niederrhein und im angrenzenden Westfalen ist groß. Die nächsten Zentren gibt es in Köln und in Herten. Das Interesse ist da. Als unlängst ein Informationsabend im Krankenhaus angeboten wurde, war der Vortragssaal mit 89 Gästen sehr gut gefüllt. Deren Fragen sprengten am Ende den zeitlichen Rahmen. Einen weiteren Infoabend wird es am Mittwoch, 22. März, ab 19.30 Uhr geben. Vertreten sind die Spezialisten vorher schon Samstag, 18. März, bei der Weseler Gesundheitsmesse von 10 bis 17 Uhr in der Niederrheinhalle.

Wer unmittelbaren Kontakt zu Dr. Olaf Hansen und Dr. Vivianda Menke sucht, ruft Dienstag, 14. März, in der Sprechstunde am RP-Telefon von 16.30 bis 18 Uhr unter 0281 14334 an.

(RP)
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