Wesel Experten rechnen mit weiteren Bomben

Wesel · Die gestrige Evakuation rund um die Lippewiesen war erst der Anfang: Auf dem Areal liegen wohl weitere Bomben. Mit dem Bau der Südumgehung müssen sie entschärft werden. Die Zehn-Zentner-Fliegerbombe war ein schwerer Fall.

 Mit Heuballen wurde der Ort gesichert, an dem die Bombe entschärft wurde.

Mit Heuballen wurde der Ort gesichert, an dem die Bombe entschärft wurde.

Foto: Markus Weissenfels

Auf Großsperrungen wie die gestrige Evakuation wegen eines Bombenfundes müssen sich die Weseler auch in den kommenden Monaten einstellen. Im Süden Wesels wird die lange ersehnte Umgehungsstraße in den Lippewiesen gebaut, ausgerechnet in einem Areal, in dem im Zweiten Weltkrieg viele Bomben abgeworfen wurden. Zahlreiche Blindgänger würden da noch liegen, sagt Gerd Füting vom Ordnungsamt, der im Vorfeld Kontakt mit dem Kampfmittelräumdienst aufgenommen hatte.

 Polizei auf der Wilhelmstraße

Polizei auf der Wilhelmstraße

Foto: Markus Weissenfels

Die Evakuierung gestern geschah zwar reibungslos, und doch war es für den Sprengmeister anstrengend. Um 11.05 Uhr begannen die eigentlichen Arbeiten, um 11.46 Uhr war die britische Zehn-Zentner-Fliegerbombe dann entschärft. "Es war diesmal ein besonders komplizierter Fall", sagte Feuerwerker Uwe Palmroth.

Diese Entschärfung sei eine der gefährlichsten überhaupt gewesen, da es sich um einen chemisch-mechanischen Langzeitzünder mit Ausbausperre handelte und die Bombe zudem mit dem Zünder nach unten gefunden wurde und nicht bewegt werden durfte. Da Palmroth und sein Kollege Martin Ochmann wegen der Gefährlichkeit den Zünder nicht von Hand herausdrehen konnten, kam eine Raketenklemme zum Einsatz, die aus sicherer Entfernung gezündet wurde. Dies ist ein spezielles, pyrotechnisch angetriebenes Schraubwerkzeug. "Man könnte auch sagen ein Zünder-Ausdrehgerät, das durch starke Rotation den Schlagbolzen außerhalb des Wirkungsbereichs befördert."

 Gesperrter Kaiserring

Gesperrter Kaiserring

Foto: kwn/Weissenfels (2)

Gerd Füting sorgte sich unterdessen darum, dass die Bevölkerung sich an die Evakuierungsregeln hält. Immer wieder hätten Passanten noch kurz vor dem Start den Gefahrenbereich betreten, berichtete er. "Das muss man leider mittlerweile häufiger beobachten." 900 Bürger leben im Evakuierungsgebiet, bis zu 500 Metern rund um den Fundort, weitere 6000 Personen hatten die Anweisung, sich entweder im Haus oder außerhalb des Sperrgebietes aufzuhalten. Viele Autofahrer waren auf die Sperrungen nicht vorbereitet, in Richtung Dinslaken ging am späten Vormittag nichts mehr, auch auf dem Kurfürstenring staute es sich. Warten mussten auch die Bahnreisenden: Bis zu 45 Minuten gab es Stillstand. Während der Entschärfung war eine Sammelstelle zum Aufenthalt von Personen in der Turnhalle der Gemeinschaftsgrundschule Am Quadenweg in Schepersfeld eingerichtet. Die Grundschule Fusternberg hatte frei gegeben, vier Kitas auf dem Fusternberg und im Schillviertel waren betroffen.

Ein Grund für die zahlreichen Bomben in den Lippewiesen laut Gerd Füting: Im Zweiten Weltkrieg hätten die Flieger auf dem Rückweg Richtung Ruhrgebiet die übrig gebliebenen Bomben einfach abgeworfen. Auf dem Zünder der entschärften Zehn-Zentner-Bombe ist das Produktionsdatum abzulesen. "Es ist Zünder Nummer 37, gebaut im August 1944. Vermutlich wurde die Bombe also am 24. Dezember 1944 abgeworfen. Sie hatte eine sechsstündige Auslöseverzögerung. Wenn alle schon gedacht hatten, es sei ein Blindgänger, hätte sie eigentlich detonieren sollen - dadurch hätte es vermutlich noch wesentlich mehr Opfer gegeben", sagt Palmroth.

(sep/jok)
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