Rp-Thema Idee Einer Achtzügigen Gesamtschule FDP wettert gegen Schulschließungen

Wesel · Dass die Hauptschule und die Realschule-Mitte auslaufen sollen, kritisieren die Liberalen scharf.

WESEL FDP-Fraktionschef Bernd Reuther ist froh, dass er einen ausgewiesenen Fachmann wie Jürgen Berner an seiner Seite weiß. Denn der Sachkundige Bürger war bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Sommer langjähriger Leiter des Andreas-Vesalisus-Gymnasiums und zuvor als Didaktischer Leiter der Gesamtschule am Lauerhaas tätig. Berner kennt sich also in der Weseler Schullandschaft so gut aus, wie kaum ein anderes Mitglied des Schulausschusses. Und weil das so ist, fühlt er sich berufen, den jüngst von SPD, Grünen, Linken und der Fraktion WWW/Piraten öffentlich gemachten Vorschlag zur Erweiterung der Lauerhaas-Gesamtschule um eine Dependance in der Innenstadt, aufs Schärfste zu kritisieren.

"Ohne aktuelle Not werden durch diesen Vorschlag zwei gute Schulen geschlossen: die Martini-Hauptschule und die Realschule-Mitte, die Platz schaffen müssen für die Dependance", beklagt Berner. Und Bernd Reuther ergänzt. "Gerade jetzt, wo beide Schulen wieder steigende Anmeldezahlen hatten und die Hauptschule als einzige im rechtsrheinischen Teil des Kreises Wesel durch eine Kooperation mit Voerde zusätzliche Schüler erhält." Beide fragen sich, wo denn künftig Kinder, die auf der Gesamt- und in den beiden Weseler Realschulen nicht zurechtgekommen sind, beschult werden sollen. Den Hinweis, dass die Gesamtschule am Lauerhaas damit werbe, leistungsstarke und leistungsschwache Schüler gleichermaßen zu fördern und zu fordern (siehe Interview unten), quittieren beide mit Kopfschütteln. "Und warum schickt die Gesamtschule dann Kinder zur Hauptschule?"

Dirk Timmermann, der Leiter der Gesamtschule, ist um seine Situation nicht zu beneiden. Das jedenfalls sagt Jürgen Berner. Denn: "Wir sind überzeugt, dass mit dem ersten Vorschlag der SPD und den drei anderen kleinen Fraktionen, eine zweite Gesamtschule zu gründen, Druck auf Timmermann ausgeübt wurde, schließlich einer Dependance-Lösung zuzustimmen. Denn kein Schulleiter stimmt einer solchen Lösung ohne Not zu." Denn zweifelsohne werde die Aufstockung der Zügigkeit von fünf auch acht dazu führen, dass Lehrer zwischen Lauerhaas und Innenstadt werden pendeln müssen. Vielleicht noch nicht im ersten Jahr, später aber sicherlich. "Dependance-Lösungen", sagt Berner, "führen zu Schwierigkeiten in der Schulorganisation und zu starken Belastungen in der Lehrerschaft."

Wie schon die CDU, so kritisiert auch die FDP die Tatsache, dass die Überlegungen aller Schulleiter zum Thema Gesamtschule (Stichwort: Arbeitskreis "Zukunftsdialog") den Fraktionen bislang noch nicht vorliegen. Dabei finde schon in einer Woche die entscheidende Sitzung des Fachausschusses statt. Viel Zeit, das Thema vorzubereiten, bleibt also nicht. Für Reuther und Berner steht fest, "dass die Schulleitungen der weiterführenden Schulen bereits zum zweiten Mal vergeblich viel Zeit in Aufgaben investiert haben, zu denen die Stadt sie gedrängt hat." Damit spielen sie auf das Konzept für die Gründung einer Sekundarschule an, das nun "offenbar keinen mehr interessiert".

Die RP fragte gestern nach beim zuständigen Dezernenten Daniel Kunstleben, warum die so vehement von CDU und FDP geforderten Unterlagen noch nicht bei den Ausschussmitgliedern angekommen sind. Der erst wenige Monate im Amt befindliche Schuldezernent betont, dass es nicht üblich sei, Teilunterlagen zu versenden. "Wir haben noch Gespräche mit der Bezirksregierung geführt und möchten die Fraktionen kurzfristig über die Inhalte informieren. Wir werden die Unterlagen inklusive aller Anträge und der Stellungnahme der Arbeitsgruppe ,Zukunftsdialog' schnellstmöglich versenden." Um zu verhindern, dass die Unterlagen frühestens am Dienstag per Post zugestellt werden, sollen heute alle Infos per Mail verschickt werden.

Apropos Bezirksregierung: Bernd Reuther hat nur eine Erklärung dafür, dass SPD-Fraktionschef Ludger Hovest innerhalb von wenigen Wochen seine Meinung zum Thema Gesamtschule komplett geändert hat: "Da muss es eine klare Ansage aus Düsseldorf gegeben haben, dass die Bezirksregierung hier keine zweite Gesamtschule genehmigen wird." Jetzt versuche Hovest durch die Kompromisslösung sein Gesicht zu wahren und über den Umweg, in vier, fünf oder sechs Jahren zu schauen, wie die Dependance laufe, doch noch eine zweite Gesamtschule zu installieren.

Fazit: Für die FDP steht zweifelsohne fest, dass hier "über die Köpfe der Eltern, der Schüler und der Lehrer hinweg eine Entscheidung ohne Not im Hauruckverfahren getroffen wird". Große Hoffnungen, dass im Ausschuss und im Rat anders entschieden wird, hegen sie nicht. Haben doch die Dependance-Befürworter im Rat eine Mehrheit.

(RP)
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