Wesel Festival feiert Filmszene am Niederrhein

Wesel · Das erste Niederrhein-Filmfestival im Weseler Scala zeigte die Vielfalt filmischen Schaffens der Region. In der Kategorie "Niederrhein" gewann der Kurzfilm "Vater?" von Aydin Isik. Ein Beitrag aus Wesel eroberte das Publikumsherz.

Wesel: Festival feiert Filmszene am Niederrhein
Foto: Michael Scholten

Der 38-jährige Weseler Lars Böhnke hat bei der ersten Auflage des Niederrhein-Filmfestivals in Wesel gleich doppelt abgeräumt und mit seinem Kurzfilm "Tobi an Quentin" sowohl einen Jurypreis als auch den Publikumspreis gewonnen. "Weil ich nicht malen kann, mache ich Filme", schreibt Böhnke auf der Internetseite seiner Produktionsfirma Bonkafilms. Er darf sich sowohl über den mit 250 Euro dotierten Preis in der Kategorie "Kreis Wesel" als auch über den mit 222 Euro dotierten Publikumspreis freuen. Dazu gab es die Silberne Kopfweide als Anstecker, angefertigt vom Weseler Goldschmied Udo Goertz.

In "Tobi an Quentin" schreibt Hauptdarsteller Tobias Kowitz einen Brief an Quentin Tarantino, um den Hollywood-Regisseur zu überzeugen, seinen nächsten Film in Wesel zu drehen, auch wenn es dort "meistens nicht so viele Überraschungen" gibt. Doch der ironisch-humorvolle Fünfminüter huldigt dem Rhein, den Eseln, den Wildgänsen und der besten Eisdiele der Welt. Dafür schnitt Lars Böhnke eigenes Material aus zwölf Jahren zu einer Collage zusammen. Gekostet hat der Film nichts: "Bis auf zwei Bananen, die ich als Waffen einsetzen wollte, die dann aber doch nicht zum Einsatz kamen."

Wesel: Festival feiert Filmszene am Niederrhein
Foto: Michael Scholten

Dass die Stadt Wesel "Tobi an Quentin" als offiziellen Image-Film einsetzen wird, ist unwahrscheinlich. Doch auch Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp quittierte den Kurzfilm bei der Preisgala im Scala mit ebenso viel Applaus und Lachern wie das begeisterte Publikum. Westkamp dankte Festivalleiter Stephan Hanf und seinem zehnköpfigen Team für die Idee, die niederrheinische Kulturlandschaft um ein deutsch-niederländisches Filmfestival zu bereichern. Auch Scala-Geschäftsführerin Karin Nienhaus freute sich, den ehemaligen Kinosaal an der Wilhelmstraße für ein Wochenende wieder ganz ins Zeichen des Films stellen zu können: "Wir haben eine neue Leinwand, neue Technik und können den Vorhang wieder öffnen. Es ist großartig, was man bewirken kann, wenn viele Leute Gutes tun."

In der Kategorie "Niederrhein" gewann der Kurzfilm "Vater?" von Aydin Isik. Die großartig besetze Tragikomödie erzählt von drei ungleichen türkischen Brüdern, die am Totenbett ihrer Mutter erfahren, dass ihr biologischer Vater ein Deutscher war. Zögerlich bis tollpatschig machen sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln und Werten. Aydin Isik erhielt die Silberne Kopfweide und 500 Euro.

Wesel: Festival feiert Filmszene am Niederrhein
Foto: Michael Scholten

Das gleiche Preisgeld, eine Silberne Kopfweide und obendrein ein Klappfahrrad gingen in der Kategorie "Niederlande" an Jan van Gorkums tiefschwarze Komödie "Spelletjesavond". In dem kammerspielartigen Kurzfilm verbindet ein junger Mann den Antrittsbesuch seiner Freundin bei den Schwiegereltern in spe mit einem Spieleabend. Der wird durch den Ehrgeiz der Mutter zum psychologischen Härtetest für die Freundin und durch überraschende Stimmungswechsel zum teuflischen Vergnügen für die Zuschauer.

Die neunköpfige Jury aus Filmexperten verlieh nicht nur drei Hauptpreise, sondern sprach auch zwei lobende Erwähnungen aus: eine für die Dokumentation "Beatrix und Norbert", in der die Reeser Filmemacherin Carla Gottwein das Milchbauernpaar Opgen-Rhein aus dem Reeser Ortsteil Empel porträtiert, eine für Reinhout Hellenthals bewegend gespieltes Drama "Anders" über eine niederländische Teenagerin, die weiß, dass sie im falschen Körper steckt.

Wesel: Festival feiert Filmszene am Niederrhein
Foto: Michael Scholten
Wesel: Festival feiert Filmszene am Niederrhein
Foto: Michael Scholten

Moderator David Zabel führte souverän und humorvoll durch das dreitägige Festivalprogramm und interviewte die angereisten Filmemacher. "Die aktuelle Grippewelle hat sich auch durch das Scala gezogen", resümierte Festivalleiter Stephan Hanf. "Krankheitsbedingt konnten einige Filmemacher nicht kommen, auch die Vorstellungen waren nie ausverkauft. Doch wir müssen uns definitiv nicht vor den etablierten Filmfestivals verstecken." Fortsetzung folgt? "Alle haben Lust", sagt Stephan Hanf. Das gilt auch für die Sponsoren, darunter der Kreis Wesel, die Niederrheinische Sparkasse Rhein-Lippe, die Unternehmen Katjes und Innogy sowie das Weseler Waldhotel Tannenhäuschen.

(RP)
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