Niederrhein Firmen werden immer digitaler

Niederrhein · Die neue Geschäftskundenstudie der Commerzbank birgt einige Überraschungen. Das schon 2015 gute Geschäftsklima hat sich noch einmal erheblich verbessert. Und speziell in Sachen Digitalisierung hat der Niederrhein deutlich aufgeholt.

Niederrhein: Firmen werden immer digitaler
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Das Wort "Krise" ist ab sofort aus dem Vokabular der Commerzbank gestrichen. Das mag angesichts des konzernweiten Abbaus Tausender Vollzeitstellen verwundern, doch bezieht es sich im vorliegenden Fall auf die Lage der Geschäftskunden der Niederlassung Mönchengladbach, die auch Erkelenz, Viersen, Krefeld, Kleve, Wesel und Emmerich umfasst. "In den Vorjahren habe ich bei der Vorstellung der Studie gesagt: ,Von Krise keine Spur'", sagt Florian Thomas, Gruppenleiter Geschäftskunden. "Die Situation hat sich noch einmal verbessert, deswegen möchte ich das Wort ,Krise' in diesem Zusammenhang nun gar nicht mehr nennen."

Das lässt sich belegen. 42 Prozent der Freiberufler, Handwerker und Gewerbetreibende mit einem Jahresumsatz bis 2,5 Millionen Euro - so sind Geschäftskunden definiert - bewerten die Entwicklung ihrer Branche als sehr gut, 2015 waren es nur 28 Prozent gewesen. Nur 22 Prozent empfinden die Situation als schlechter als im Vorjahr (2015 sagten das 26 Prozent). "Die Auftragsbücher sind bei den meisten Kleinunternehmern noch besser gefüllt als 2015", sagt Roland Pastoors, Leiter Geschäftskunden. Für 2017 ist der Ausblick sehr gut - 50 Prozent der Geschäftskunden erwarten eine positive Entwicklung für das kommende Jahr. Das ist deutlich höher als der Vorjahreswert (24 Prozent) und der Bundesschnitt (36 Prozent).

Für 60 Prozent der befragten Geschäftskunden am Niederrhein haben die niedrigen Zinsen derzeit noch keine Auswirkungen auf ihr Unternehmen - deutschlandweit sagen das nur 48 Prozent. Nach ihren unternehmerischen Risiken befragt, nennen die meisten (34 Prozent) eine Auftragsflaute, dieser Wert ist leicht gestiegen. Auch der Fachkräftemangel bleibt für unverändert 30 Prozent der Befragten eine Sorge, das sind aber deutlich weniger als bundesweit (44). Die Angst vor der Konkurrenz durch das Internet hingegen ist rückläufig: Das geben nur noch 18 Prozent an, 2015 waren es noch 24.

An diesen Stellen - Fachkräftebedarf und Digitalisierung - steigt die Studie erfreulich tief ins Detail ein und fördert einige überraschende Erkenntnisse zutage. So sagen etwa 73 Prozent der Mönchengladbacher Geschäftskunden, dass es für sie schwierig ist, neue Mitarbeiter zu finden - schlechte Bezahlung (38 Prozent) und mangelnde Fachkenntnisse (30) werden als Hauptgründe dafür angesehen, ein Mangel an Azubis (28) und die demografische Entwicklung (26) kommen erst dahinter. Fachkräftemangel wird am ehesten bei Technikern und in der Produktion gesehen (28 Prozent). Für jeden dritten Befragten bremst der Fachkräftemangel das Wachstum oder die Erschließung neuer Märkte. Die Ausbildungsquote in der Region ist mit 28 Prozent geringer als der Bundesschnitt (33), doch ist bei der Betrachtung dieses Wertes Vorsicht angesagt: Das am Niederrhein starke duale Studium ist dabei nicht erfasst. Die Übernahmequote ist mit 36 Prozent allerdings auch deutlich niedriger als insgesamt (46).

Auch in Sachen Flüchtlings-Beschäftigung hat die Studie erstmals Ergebnisse ermittelt. Für 40 Prozent der Befragten ist das Einstellen von Flüchtlingen demnach eine Option, um dem Nachwuchsmangel zu begegnen. Dabei sind für sie deutsche Sprachkenntnisse das wichtigste Kriterium (62 Prozent), gefolgt von Engagement/Lernwillen (54) - Fachkenntnisse spielen da mit 44 Prozent fast eine nachrangige Rolle. Zunächst jedoch führt der Fachkräftemangel zu Investitionen - bei 44 Prozent ins Personal, bei 42 Prozent ins Marketing und bei 40 Prozent in die IT. Stark gestiegen gegenüber 2015 sind die Investitionen in den Standort (265 statt 14 Prozent).

Interessant: 64 Prozent der Geschäftskunden rekrutieren neue Mitarbeitern über Empfehlungen - "Mönchengladbach und der Niederrhein sind einfach Netzwerk-Regionen", sagt Thomas. In Deutschland sind es nämlich nur 54 Prozent. Auch bei der Rekrutierung über Jobportale im Internet ist die Region Mönchengladbach mit 40 Prozent deutlich digitaler unterwegs als der Bundesschnitt (28).

Apropos Digitalisierung: Die Geschäftskunden in der Region haben diesbezüglich gegenüber den Vorjahren deutlich aufgeholt. 30 Prozent der Befragten sind mittlerweile überwiegend im Netz und über mobile Kommunikationsmittel aktiv - deutschlandweit sind es nur 19. Allerdings geben auch 48 Prozent an, das Internet kaum zu nutzen. Speziell in Sachen Social Media und mobile Angebote liegen die Werte über dem des Vorjahres und über dem Bundesschnitt.

Insgesamt zeichnet die Studie also ein sehr positives Bild. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es da eigentlich nur für die Commerzbank: Weil Geschäftskunden 54 Prozent ihrer Investitionen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb (Bund: 45) und weitere 18 (Bund: 15) aus Rücklagen stemmen können, werden lediglich 15 beziehungsweise vier Prozent über Kredite und Leasing finanziert. Die Zahl der Kunden, die aktuell einen Kredit in Anspruch nehmen, ist überdies seit 2015 von 44 auf 28 Prozent gesunken. "Da wünschen wir uns noch mehr Mut", sagt Pastoors. In Deutschland war die Entwicklung genau gegenläufig - von 27 auf 39 Prozent.

Die Commerzbank betreut in der von Mönchengladbach aus gesteuerten Region mit 28 Beratern (bald sollen weitere vier hinzukommen) 18.000 Geschäftskunden. Für die Studie wurden zwischen Juli und August bundesweit 3110 Geschäftskunden aller Banken befragt.

(RP)
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