Wesel Fledermäuse & Co. blockieren Abriss

Wesel · Das 15-Millionen-Projekt stockt, weil ein Gutachten zu schützende Tiere im Ex-Kreiswehrersatzamt vermutet.

 Der Baustart am Kreiswehrersatzamt verzögert sich um Monate. FOTOS: NIKOLEI/DPA

Der Baustart am Kreiswehrersatzamt verzögert sich um Monate. FOTOS: NIKOLEI/DPA

Foto: Nikolei

Schon vor Wochen sind Bäume und Sträucher rund um das ehemalige Kreiswehrersatzamt an der Kreuzstraße verschwunden. Alles deutete darauf hin, dass der Abriss des Gebäudes unmittelbar bevorsteht, um Platz zu schaffen für ein 15 Millionen Euro teures Vorzeigeprojekt mit 66 barrierefreien Wohnung (Bauherren: Bauverein und Wohnungsbaugenossenschaft Wesel) und einer neuen Radiologischen Praxis. Doch nun wird sich der Baustart um mehrere Monate verzögern.

Grund ist das artenschutzrechtliche Gutachten, das die Stadt in Auftrag geben musste und das der Behörde nun vorliegt. In ihm heißt es unter anderem, dass in dem Gebäude "Fledermäuse, Mauersegler und Brutvögel zu vermuten sind". Ob sich dort tatsächlich einige Exemplare häuslich niedergelassen haben, hat niemand erkundet. Es reicht allein die Vermutung, dass die tierischen Flieger da sein könnten und ihren Nachwuchs großziehen wollen.

"Es gibt da ein Bauzeitfenster, an das wir uns halten müssen", erklärt Verwaltungsmitarbeiterin Ingrid Giesen, Leiterin des Teams Grundstücksmanagement, auf Anfrage. Demnach könne man frühestens im September mit dem Abriss beginnen - also deutlich später als gehofft.

Vor allem den städtischen Bauverein als einen der Investoren dürfte das Ergebnis des Gutachtens eigentlich kaum überraschen. Denn spätestens seit der Sanierung der Bauvereins-Häuser an der Weimarer Straße vor knapp fünf Jahren weiß man, dass die ganzjährig geschützten Mauersegler hier im Zitadellenviertel eine regelrechte Kolonie haben. Weil die pfeilschnellen Flieger von Anfang Mai bis Anfang August brüten, drohte damals eine Bau-Blockade. Doch es wurde ein Kompromiss gefunden, indem unter anderem Ersatznester geschaffen wurden.

Auch im aktuellen Fall muss für Ersatz-Nistkästen gesorgt werden. Auch das besagt das Gutachten. Doch das ist noch nicht alles. Wie Ingrid Giesen mitteilt, müsse auch geschaut werden, ob die Nisthilfen von den Tieren auch tatsächlich angenommen werden oder nicht.

Ob der Weseler Bauverein oder die Baugenossenschaft durch die unerwartete Verzögerung Probleme bekommen werden, ist unklar. Bauvereinsvorstand Annett Leuchtmann jedenfalls bat im RP-Gespräch um Verständnis, "dass wir - und da spreche ich auch für die Kollegen von der Wohnungsbaugenossenschaft - zum jetzigen Zeitpunkt nichts dazu sagen können, weil wir noch nicht einmal Grundstückseigentümer sind." Mehr könne man zum jetzigen Zeitpunkt dazu nicht sagen. So bleibt also offen, ob der Grundstein für den Komplex am Eingangtor der Innenstadt tatsächlich noch in diesem oder erst im nächsten Jahr gelegt werden kann. Vom ersten Spatenstich bis zum Einzug der ersten Mieter werden zwischen zweieinhalb und drei Jahre vergehen.

In dem dreigeschossigen Komplex plus Staffelgeschoss sollen, wie schon erwähnt, 66 barrierefreie Mietwohungen entstehen. Die Gesamtwohnfläche beträgt 4400 Quadratmeter. Alle Wohnungen sind über Aufzüge zu erreichen, alle werden über einen Balkon beziehungsweise eine Dachterrasse verfügen. Einige von ihnen sollen auch rollstuhlgerecht sein. In den beiden Tiefgaragen (eine Zufahrt ist an der Kreuzstraße, die andere von der Weimarer Straße aus vorgesehen) sind bislang 60 Stellplätze geplant. Gut möglich, dass sich diese Zahl noch erhöht. Denn weil die Radiologie von ihrem ursprünglichen Vorhaben abgerückt ist, eine eigene Tiefgarage zu bauen, könnten nun die beiden anderen etwas größer werden. Auf dem Außengelände der Praxis werden 16 Pkw-Stellplätze entstehen.

Probleme, sämtliche Wohnungen schnell zu vermieten, dürfte es keine geben. Denn garade barrierefreie Wohnungen, die unweit der Innenstadt mit ihren kulturellen und medizinischen Angeboten liegen, sind aktuell besonders begehrt. "Wenn wir das Projekt umsetzen sollten, dann gehen wir auch davon aus, dass die Nachfrage sehr hoch sein wird. Daran haben wir null Zweifel", sagt Anett Leuchtmann.

(RP)
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