Wesel Gas-Bohrung: Gift fürs Wasser?

Wesel · Ein Konsortium plant Probebohrungen mit chemischen Substanzen, um Erdgas-Lagerstätten zu finden. Betroffen wären Wesel, Schermbeck und Hamminkeln. Widerstand kommt aus Politik, Verwaltung und Wasserwirtschaft.

Die Gassuche in Niedersachsen, bei der der US-Konzern Exxon während Testbohrungen zahlreiche Liter Chemikalien in den Boden gepresst hat, schreckt die Region auf.

Denn auch hier plant ein Konsortium um die Thyssen Vermögensverwaltung Probebohrungen zur Erkundung von Gas-Lagerstätten. Die Stadt Hamminkeln und die Gemeinde Schermbeck (siehe Seite B 4) haben bereits Einspruch beim Kreis Wesel eingelegt. Die Stadt Wesel weiß nicht so recht (siehe Text unten).

Insgesamt 321 Quadratkilometer ist das Feld mit Namen "WeselGas" groß und erstreckt sich über große Teile von Wesel, Hünxe, einen Zipfel von Hamminkeln und fast flächendeckend über Schermbeck. Bislang unerreichbare Erdgasvorkommen — so genanntes unkonventionelles Erdgas — wollen Energiekonzerne dort heben.

Die Gase sind in festem Gestein im Erdinneren gebunden. Will man diesen "Schatz" heben, muss man die Gesteinsstruktur aufbrechen. Und das geschieht beim sogenannten Fracking-Verfahren: Wasser wird mit Sand und ergänzenden chemischen Substanzen gemischt und in das Gestein getrieben, um dort lagerndes Erdgas herauszupressen.

50 Tonnen Gifte pro Bohrung

Ein Dutzend Energiekonzerne haben halb NRW bereits unter sich aufgeteilt. Die Gelsenwasser AG, die an den Stadtwerken Wesel und den Niederrheinischen Gas- und Wasserwerken beteiligt ist, hat nun die abgesteckten Felder mit den Wasserschutzgebieten abgeglichen.

Zudem haben Wasserexperten des Konzerns die möglichen Folgen des Frackings für das Trinkwasser unter die Lupe genommen. Gelsenwasser-Chef Dr. Manfred Scholle findet deutliche Worte: "Aus Studien in den USA wissen wir, wie massiv die Eingriffe in Natur und Wasser sind: 20 Bohrlöcher pro Hektar, 50 Tonnen Chemikalien und Gifte je Bohrung." Zudem müsse das Fracking-Wasser aufbereitet und fachgerecht entsorgt werden.

Gelsenwasser fordert daher den sofortigen Stopp der Probebohrungen und will den Landtag sowie die Bürgermeister der betroffenen Kommunen ins Boot holen. Für das Aufsuchen und Gewinnen von Erdgas ist die Bezirksregierung Arnsberg (Abteilung Bergbau) zuständig. Diese beteiligt die Kommunen vor einer Genehmigung, doch das Bergrecht schränkt diese ein.

Forderung: Bergrecht ändern

Die Bezirksregierung hat bereits 20 Aufsuchungserlaubnisse für NRW erteilt — darunter für das Feld "Saxon West 1" (siehe Info), das wiederum Teile von Wesel, Hamminkeln und Schermbeck umfasst. Diese Erlaubnis berechtigt nicht zu Erkundungsbohrungen, dazu seien separate Anträge nötig, heißt es aus Arnsberg. "Wir fordern dafür auch ein wasserrechtliches Erlaubnisverfahren", erklärt Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann.

Der aktuelle Aufsuchungs-Antrag für "WeselGas" scheint ein Dauerthema zu werden. Gelsenwasser-Chef Scholle sowie Politiker, darunter aus Wesel und Schermbeck, fordern bereits das Bergrecht zu ändern. Es erlaubt derzeit eine Gasgewinnung ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

(RP)
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