Wesel Gebannte Zuhörer beim Domkonzert

Wesel · Ganz unspektakulär, aber mit verlässlicher Disziplin, Einsatzfreude und natürlich mit dem großen Wissen des Kantors über Musik und deren Wirksamkeit hat sich im Laufe der Jahre die Reihe "Weseler Dommusik" im Willibrordi-Dom zum hoch geachteten Teil kulturellen Stadtlebens entwickelt. Längst hat sich, wie früher, ein Stammpublikum zusammengefunden, hinzu kommen stetig mehr neue Musikliebhaber. Am Sonntagabend in der großen Stadtkirche lauschten sie dem gut durchdachten Programm des "Ensemble transparent", eines Vokalquartetts mit Continuo (Orgel) aus Geldern.

Die fünf studierten Musiker präsentierten sich dabei als überzeugenende Einheit. Jede Komposition des Ensembles war aus innerem Miterleben gestaltet - so wie sie einst von den Komponisten in gedanklicher Hingabe an den geistigen Gehalt ihre in Noten überlieferte Form erhielt. Farbige Klangbilder vom 17. bis ins 19. Jahrhundert, Ehrerbietungen an die menschliche Einbindung in den unergründlichen Kosmos bewogen die Zuhörer zur stillen Einkehr.

Mendelssohns Präludium und Fuge G-Dur, op. 37, 2 für Orgel solo auf dem großen Marcussen-Instrument (Jessica Bücker) griff sogleich ins melodisch weite Feld aus. Sein Lied "Lass, o Herr, mich Hilfe finden" sprach von Hoffnung. Die vier Vokalisten - Maria Regina Heyne (Sopran), Louis Rijs (Alt), Eelco Kooiker (Tenor) und Dieter Lorenz (Bariton) - sangen, ohne Verstärker zu benutzen. Es begleitete das Continuo der Orgel. Der Bariton fungierte sehr zurückhaltend als Mittler zwischen Orgel und Sängern. Das Quintett harmonierte hervorragend.

Bald hatten sich auch die Sänger in die akustischen Bedingungen des Domes eingewöhnt. Lediglich der Tenor erschien manchmal etwas blass. Aber nie forcierte eine Singstimme, nie trieb der strahlend helle Sopran bis an die gefährliche Höhe des Umkippens, sondern blieb wie der Alt und die Männerstimmen geschmeidig.

"Der Herr ist mein Hirt" von Bernhard Klein wurde zum ersten Höhepunkt des abendlichen Konzerts. Bachs Bearbeitung über den Choral "Christ, unser Herr, zum Jordan kam" für Orgel solo wurde, wie auch spätere Orgelstücke, mit großer Zurückhaltung gespielt. Eine Motette von Michael Haydn, "Sanctus und Benedictus" von Rheinberger und Bachs Orgel-Choral "Vater unser im Himmelreich" vertieften die Andacht. "Dona nobis pacem", der Schlussvers des "Agnus Dei" in Rheinbergers Vertonung, verhauchte schmerzhaft bittend. In Mozarts "Ave verum corpus" klang prägend der warme dunkle Ton des Glaubens, ebenso zum Schluss in Mendelssohns "Herr, wir trau'n auf deine Güte".

Zunächst blieb nach dem Ende des Konzertes alles still. Aber dann löste sich die Anspannung der Hörer in einem langen Abschiedsapplaus. Da kehrte das Ensemble noch einmal aus der Sakristei zurück und dankte mit der Wiederholung: "Der Herr ist mein Hirte".

(RP)
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