Wesel Gedenken an Büderichs schwerste Zeit
Wesel · Erinnerung an die Zerstörung von Alt-Büderich vor 200 Jahren nach einem Befehl Napoleons: beeindruckender Festakt im Zelt an der ehemaligen Kirche von Alt-Büderich. KDG-Theatergruppe machte die Ereignisse nachfühlbar.
Mit Ovationen zollten die Festgäste gestern beim Festakt zum Gedenken an die Zerstörung von Alt-Büderich vor 200 Jahren den Schülern vom Konrad-Duden-Gymnasium (KDG) Anerkennung. In kleinen Theaterszenen inszenierten diese einfühlsam die Ereignisse aus der Sicht der betroffenen Bürger bei der Vertreibung aus der Heimat, verdeutlichten, wie unmenschlich und gnadenlos der Befehl von Kaiser Napoleon 1813 wirkte: "Dieses Nest muss weg!"
Die KDG-Theatergruppe beleuchtete beide Seiten, einerseits den Aspekt der französischen Soldaten, die ihrer Verpflichtung nachkamen, andererseits den der Bürger, die den Befehl erst nicht realisieren wollten, später beim Kommandanten vorsprachen, um Zeitaufschub bettelten. "Wo sollen wir hin? Was ist mit unseren Werkstätten, unserem Vieh?", fragten die Büdericher. Hilfslos und entmutigt packten alle ihr Hab und Gut, intonierten resigniert: "Dieser Weg wird kein leichter sein, sondern steinig und schwer."
Die szenischen Darstellungen bildeten einen Teil des beeindruckenden Festaktes, der am Sonntagmorgen mit einem ökumenischen Gottesdienst im Zelt an der ehemaligen Kirche von Alt-Büderich begann. Den musikalischen Part übernahmen alle Büdericher Chorgemeinschaften in Zusammenarbeit mit einem Bläserensemble des Andreas-Vesalius-Gymnasiums. Pfarrer Joachim Wolff und Pfarrer Georg Zglinnicki stellten die Gedenkfeier unter dem Leitgedanken: "Suchet der Stadt Bestes" (Jeremia 29,7.11).
Sie erinnerten an den Aufbau der beiden Konfessionskirchen, sprachen die Hoffnung aus, dass die eigene Ortsgeschichte für das Schicksal der Flüchtlinge, die heute vor Krieg und Zerstörung fliehen, Hilfe und Unterstützung benötigen, sensibilisieren möge. "Wer aus der Heimat deportiert oder vertrieben wird und ein Flüchtlingsschicksal erleidet, ist ein entwurzelter Mensch", predigte Pfarrer Wolff.
Am 3. Adventsonntag appellierten die Vertreter der Kirchen für Frieden und Versöhnung. "Dazu gehört nicht nur Toleranz, sondern auch gegenseitiger Respekt", so Pfarrer Zglinnicki. Katharina Kemming, Sprecherin des Heimatvereins Büderich und Gest, gedachte des Initiators der Gedenkfeiern, Wido Straetmans, der vor einem Jahr mitten in der aktiven Vorbereitungsphase verstarb. Bürgermeisterin Ulrike Westkamp lobte das Engagement der Verantwortlichen beim Heimatverein, der sich 1984 gründete. Mit seinem detaillierten Vortrag über die Geschichte von Alt- und Neu-Büderich bereicherte Bernd von Blomberg, Festungsexperte aus Wesel, das Festprogramm. Dazu zählten auch Stadtführungen durch Alt-Büderich (RP berichtete), das auf den Außenanlagen rund um das Festzelt mit Flatterbändern markiert ist, einen Überblick über die historische Stadtmauer und Festungsanlage markierte. Musik und Geselligkeit zählten traditionell schon zu den Lebensgewohnheiten der Bürger. Das Tambourcorps Büderich überzeugte mit rhythmi-scher Klangvielfalt und außerge-wöhnlicher Musikalität, und bildete den harmonischen Ausklang.