Hamminkeln Gesundes Öl aus Cannabis

Hamminkeln · Bioland-Bauer Bernhard Groß-Weege hat als erster Landwirt im Kreis Spezialhanf aus Kanada angebaut. Die Sonderzüchtung mit nur 0,3-prozentigem THC-Gehalt hat keine berauschende Wirkung.

 Bernhard Groß-Weege und sein Sohn Niklas zeigen, wie die Hanf-Pflanzen aus der Nähe aussehen.

Bernhard Groß-Weege und sein Sohn Niklas zeigen, wie die Hanf-Pflanzen aus der Nähe aussehen.

Foto: Klaus Nikolei

Kürzlich hat Niklas Groß-Weege (21) in der Mittagszeit vom Balkon seines Elternhauses in Lankern drei junge Burschen entdeckt, die im Feld neben dem Bauernhof eifrig Pflanzen abgeschnitten und in ihre Rucksäcke gesteckt haben. Das Trio ist dem Irrtum erlegen, dass es sich bei den Gewächsen um Tetrahydrocannabinol (THC)-haltigen Hanf handelt. Also eine Drogenpflanze, deren Anbau in Deutschland nur unter strengster Kontrolle in Gewächshäusern für medizinische Zwecke erlaubt ist. Die in Lankern angebaute Cannabis-Sorte ist eine Sonderzüchtung mit nur 0,3-prozentigem THC-Gehalt. "Jungs, das könnt ihr ruhig bleiben lassen. Das ist nicht das, was ihr glaubt", hat der Sohn von Bioland-Bauer Bernhard Groß-Weege den vermeintlichen Gras-Dieben zugerufen. Die haben sich allerdings von ihrem Tun nicht abhalten lassen.

Spätestens beim Rauchen des getrockneten Diebesgutes werden sie gemerkt haben, dass die getrockneten Blüten und Blätter keinerlei berauschende Wirkung haben. So wie der Genuss von zehn Flaschen alkoholfreiem Bier niemanden ins Delirium stürzt.

Zwar riecht es auf dem Feld wie in einem holländischen Coffee-Shop, doch handelt es sich bei dem Hanf, den die Familie Groß-Weege zum ersten Mal in diesem Jahr angebaut hat und der jetzt per Mähdrescher geerntet wurde, um eine Spezialzüchtung aus Kanada. "An diesen Pflanzen sind nur die kleinen Samenkörner interessant, die zu wertvollem Öl oder auch zu Hanfkrokant für Müslis verarbeitet werden", sagt Bernd Wortmann, Geschäftsführer einer Agrar-Ingenieurgesellschaft mit Sitz im linksrheinischen Korschenbroich. Der 51-Jährige hat Bernhard Groß-Weege im vergangenen Jahr bei einer Veranstaltung kennengelernt und ihn gefragt, ob er sich vorstellen könnte, Hanf anzubauen - als erster Landwirt im Kreis Wesel. "Ich finde es immer spannend, neue Dinge auszuprobieren", sagt Bernhard Groß-Weege, der von Wortmann bei der Aussaat im April umfassend beraten wurde. Auch bei der Ernte war er vor Ort und hat den Kontakt zu der abnehmenden Industrie geknüpft. Die frisch geernteten Körner aus Lankern werden jetzt in einer Mühle zu Öl gepresst. "Das wird in Bioläden angeboten und gilt als besonders gesund, weil es Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren enthält, die sonst so nur bei Seefisch zu finden sind", weiß Wortmann. 100 Milliliter kosten etwa sechs Euro. Qualität hat halt ihren Preis.

Weil Hanf so eine pflegeleichte und standsichere Kultur ist und der Ertrag hoch war, will der Bioland-Bauer sie auch 2018 wieder anbauen. "Außerdem werden wir im nächsten Jahr auch Soja anbauen und damit die Zahl der verschiedenen Kulturen auf unseren Äckern auf zehn erhöhen." Die unterschiedliche Fruchtfolge trägt dazu bei, die Artenvielfalt zu erhalten. Und das ist natürlich ganz im Sinne des engagierten Bioland-Bauern.

(RP)
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