Wesel Große Trauerfeier für Walter Stempel

Wesel · Der Altsuperintendent des Evangelischen Kirchenkreises und Träger des Ehrenrings der Stadt wurde gestern beigesetzt. Hunderte nahmen anschließend beim Gottesdienst im Dom Abschied von dem Mann, der "ein Glücksfall" für Wesel war.

 Enge Freunde und Weggefährten Walter Stempels trugen den Sarg auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße.

Enge Freunde und Weggefährten Walter Stempels trugen den Sarg auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Der Himmel weinte leise, als Walter Stempel gestern Morgen auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße an der Seite seiner 2009 verstorbenen Frau Ruth beigesetzt wurde. Gut 100 Menschen, darunter Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Altbürgermeister Bernhard Gründken, waren gekommen, um den früheren Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises und Träger des Ehrenrings der Stadt auf seinem letzten Weg zu begleiten. Spürbar blieb hier sowie beim anschließenden Trauergottesdienst in "seinem" Dom, wie bestürzend und erschreckend Stempels Tod wirkt.

 Im gut gefüllten Dom hielt Pfarrerin Sarah Brödenfeld (r.) die Predigt im Trauergottesdienst für Altsuperintendent Walters Stempel. Sohn Dietrich Stempel (vorne l.) erinnerte für die Familie an den Verstorbenen.

Im gut gefüllten Dom hielt Pfarrerin Sarah Brödenfeld (r.) die Predigt im Trauergottesdienst für Altsuperintendent Walters Stempel. Sohn Dietrich Stempel (vorne l.) erinnerte für die Familie an den Verstorbenen.

Foto: Ekkehart Malz

Wie berichtet, war er am Donnerstag, 4. Dezember, von einem Spaziergang nicht ins Altenheim am Dom zurückgekehrt und unter tragischen Umständen ums Leben gekommen. Am Freitag, 5. Dezember, war Walter Stempel nach einer großen Suchaktion am Sporthafen tot aufgefunden worden. Am Samstag, 6. Dezember, wäre er 84 Jahre alt geworden. "Wie ein Dieb in der Nacht", so Pfarrerin Sarah Brödenfeld in ihrer Ansprache in der Friedhofshalle, hatte ein Unglück Stempel aus dem Leben gerissen.

Walter Stempel hat in Wesel Spuren hinterlassen. Gut 50 Jahre hat er hier gewirkt. Nicht nur als mitmenschlicher Seelsorger oder Initiator sozialer Projekte und Neuerungen. Auch als wissenshungriger Geschichtsfreund, Mitgründer der Historischen Vereinigung und als eine Triebfeder des Dombauvereins hat er Sichtbares hinterlassen. Wesentliche Abschnitte bei der Wiederherstellung der groten Kerk kamen in Stempels Ära zustande.

Beim großen, von mehreren Hundert Menschen besuchten Trauergottesdienst im Willibrordi-Dom, würdigte Superintendent Thomas Brödenfeld die Verdienste Stempels, der Generationen dieses Bauwerk stets mit großer Begeisterung erklären konnte. Angesichts eines Gerüsts, das wegen eines abgebrochenen Stück Gesims gerade in der Kirche steht, hätte Stempel wohl gesagt: "So ist das. Ein Dom wird eben nie fertig." Der Superintendent nannte es einen "Glücksfall", dass Stempel 1963 nach Wesel kam und blieb, einem Ruf zu höheren Aufgaben nicht folgte. Er sei ein "unverwechselbares Gesicht unserer Stadt". Für den Willibrordi-Dombauverein sprach Vorsitzender Karl-Heinz Tieben. "Systematisch, gründlich, zielgerichtet", bezeichnete er Stempels Wirken.

Zuvor hatte bereits Dietrich Stempel als Sohn des Verstorbenen für die Familie persönliche Erinnerungen vorgetragen und den Gästen auch den Privatmann und Vater sowie den langjährigen Freund von Johannes Rau (Ex-Minister- und Bundespräsident) nähergebracht. Wie Pfarrerin Sarah Brödenfeld brachte auch Dietrich Stempel die Begleiterscheinungen der letzten Jahre des Verstorbenen zum Ausdruck. Wie ihn die Krankheit seiner einst enormen geistigen Kräfte nach und nach beraubte, sein Bewegungsdrang aber ungebrochen blieb. Ganz bewusst, so Dietrich Stempel, habe die Familie entschieden, den Vater nicht aus Wesel wegzuholen oder gar einer geschlossenen Einrichtung anzuvertrauen. Wohl wissend, dass es ein Balanceakt mit großen Risiken war, sollte Walter Stempel ganz nah an der Kirche, dem Bogen und dem Rhein bleiben, die ihm so viel bedeuteten, und sich frei bewegen können. So sei sein Tod "plötzlich, aber nicht unerwartet" gekommen. "Wir sind froh, dass er so schnell gefunden wurde", sagte der Sohn. Lange Ungewissheit wäre noch viel schrecklicher gewesen.

(RP)
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