Wesel Heimspiel für Dieter Nuhr: "Es riecht noch wie früher"

Wesel · Am Anfang stand die Erinnerung an die früheste Kindheit: "Es riecht noch wie früher", begrüßte Dieter Nuhr sein Publikum am Samstagabend in der vollen Niederrheinhalle. "Eine sehr schöne Stadt" – zusammen mit einem hinterlistigen Grinsen sorgte das für die ersten Lacher. "Na, wie Sie da reagieren, das ist Ihre Sache." Die ganze Absurdität menschlichen Daseins durchschritt der Kabarettist mit seinem Programm "Nuhr die Wahrheit".

Der Unterschied zum Algenpilz

"Ohne Gewalt, ohne Drogen, ohne Rassismus", versprach der studierte Lehramtler – "sonst hätte ich ja direkt in die Schule gehen können." Existenzphilosophie kam hier ebenso aufs Tapet wie Tagespolitik: "In China kauft einer Öl, und in Anatolien steigen die Esel-Preise." Sicher ist er: "Die ökonomische Katastrophe kommt." Doch was tun – Verstaatlichung? "Wo der Staat so gut in den letzten Jahren gewirtschaftet hat und man in der DDR damit so gute Erfahrungen hat…" Mit feinen Zwischentönen und intelligenter Boshaftigkeit sezierte Nuhr die menschliche Natur. "Was unterschiedet uns vom Algenpilz? – Nix, außer Eheverträge und Scheidungsanwälte."

Irritiert fragte Nuhr nach dem tieferen Sinn von weiblichen Gebrauchsgegenständen wie Probiersöckchen, Multifunktions-BHs und Anti-Haarbruch-Shampoo. Doch die Herren der Schöpfung schnitten nicht viel besser ab: Selbst auf der Suche nach Klopapier erweist sich der Mann als Jäger und Sammler. Leitmotiv war dabei die Suche nach der Wahrheit. "Eins und eins gleich zwei – das gilt in der Mathematik. In der Zoohandlung sieht das schon ganz anders aus: Da sind eins und eins schnell mal 45."

Gedankliche Höhenflüge unterbrach er zur Interaktion mit dem enthusiastischen Publikum: "Interessiert Sie das überhaupt? Sie können sonst auch… die Türen sind auf!" Doch die Zuhörer blieben, lauschten Ausführungen zum Tod: "Wo wird mehr gelogen als in Todesanzeigen? Sonst kämen da viel mehr Worte vor wie 'endlich', 'glücklicherweise', 'nach langem Warten', 'es freuen sich'." Von da war nicht weit zu den Religionen.

Ganz oben auf der Liste der entspanntesten Glaubengemeinschaften: der Katholizismus mit der Beichte. "Da darf man alles – man muss nachher nur Bescheid sagen." Beim Buddhismus sieht es schlecht aus: "Als Buddhist bist du einmal schlecht drauf – zack – kommst du im nächsten Leben als Spreewaldgurke wieder." Die Dosis aus humorvoller Comedy und intelligentem Kabarett begeisterte. Mit Charme und griffigen Pointen sorgte er für 120 unterhaltsame Minuten – "so unter uns Weselanern".

(RP)
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