Marcel Winkin Hochkonjunktur für Taschendiebe

Wesel · In Wesel ist die Zahl der Taschendiebstähle, vor allem verübt durch Banden, massiv in die Höhe geschnellt. Polizisten in Zivil gehen in der Vorweihnachtszeit verstärkt auf Kunden zu, um sie für das Thema zu sensibilisieren.

 Kriminaloberkommissar Marcel Winking (l.) warnt mit einem Flugblatt Passanten in Wesel vor Taschendiebstahl.

Kriminaloberkommissar Marcel Winking (l.) warnt mit einem Flugblatt Passanten in Wesel vor Taschendiebstahl.

Foto: Ekkehart Malz

Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Taschendiebstähle in Wesel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 51 Prozent auf 80 Fälle gestiegen. Um die Bevölkerung gerade in der Vorweihnachtszeit für dieses Thema zu sensibilisieren, sind Polizeibeamte in Zivil in Weseler Geschäften unterwegs, um vor allem Frauen Tipps zu geben, was sie präventiv tun können. Einer von ihnen ist Kriminaloberkommissar Marcel Winkin vom Weseler Kriminalkommissariat Kriminalprävention-Opferschutz.

Gibt es eine Erklärung für den massiven Anstieg der Taschendiebstähle in Wesel?

Winkin Fakt ist, dass vermehrt gewerbsmäßige Banden in den Geschäften unterwegs sind, die mit Diebstählen ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Woher kommen diese Banden?

Winkin Die Täter, die wir festnehmen konnten, stammen vor allem aus Osteuropa. Aber es gibt auch Täter landerer Nationen und deutsche Banden. Meist treten sie zu dritt auf oder als Pärchen auf.

Wie gehen die Täter vor?

Winkin Da gibt es mehrere Varianten: Zum Beispiel werden Kunden von einem Täter angerempelt und bedrängt, so dass der Komplize in einem unbeobachteten Augenblick die Geldbörse aus der geöffneten Tasche, der Jacke oder von der Theke nehmen kann. Häufig werden die Opfer abgelenkt, in dem man ihnen einen Zettel vors Gesicht hält - und der Mittäter greift dann zu.

Sind denn vor allem Senioren betroffen?

Winkin Nein. Aber es sind vor allem Frauen, die bestohlen werden, weil sie eben Handtaschen haben, die leider nicht immer verschlossen sind.

Was kann man tun, um den Tätern das Leben so schwer wie möglich zu machen?

Winkin Grundsätzlich sollte man sich nicht ablenken lassen, sondern sich an der Kasse auf das Bezahlen konzentrieren. Ein weiterer Tipp: Die Geldbörse möglichst am Körper tragen oder, wenn sie in der Handtasche mitgeführt wird, diese auf jeden Fall immer verschließen. Und dann sollte beispielsweise die Handtasche im Bus nicht auf den freien Nebenplatz gelegt werden.

Gibt es auch Situationen, in denen Männer besonders gefährdet sind?

Winkin Ja, vor allem in Supermärkten kommt es vor, dass nach dem Verlassen des Kassenbereichs Herren von Frauen um eine Spende gebeten werden. Wenn jemand dann tatsächlich etwas gibt, kommt es vor, dass er umarmt und auf die Wange geküsst wird - und die Hand der Frau ins Portemonnaie wandert. Das gleiche kann auch beim Geldwechseln passieren.

Also sollte einfach nicht auf Bitten reagieren?

Winkin Ein gesundes Misstrauen ist angesagt. Und man sollte fremde Menschen nicht zu nahe an sich heran lassen, sich körpersprachlich und zur Not auch verbal dagegen wehren. Man kann aber auch folgendes tun: Man hat eine Geldbörse mit ein wenig Kleingeld dabei. Die EC-Karte, Ausweise und Geldscheine werden einfach in einem anderen Portemonnaie verstaut und am Körper getragen. Grundsätzlich gilt, dass ich doch einkaufen gehe. Spenden kann ich auch bargeldlos und per Überweisung an eine seriöse Einrichtung.

Sie und Ihre Kollegen sind aktuell unterwegs, um die Bevölkerung aufzuklären. Wie läuft das in der Praxis ab?

Winkin Beispielsweise habe ich jetzt eine ältere Dame, die ihre Handtasche vorne im Korb ihres Rollators deponiert hatte, angesprochen, mich ausgewiesen und ihr erklärt, wie sie sich besser schützen könne. Hier war die Handtaschen geöffnet und gegen unberechtigten Zugriff ungesichert.

Und? Wie war die Reaktion?

Winkin Die Seniorin war sehr dankbar. Genau wie die junge Frau, die in einem Drogeriemarkt am Fotocomputer stand, konzentriert Bilder ausgesucht hat und dabei ihre Tasche nicht mehr im Blick hatte. Auch sie war dankbar für Tipps. Bei der Aktion verteilen wir übrigens auch Infoflyer zum Thema "Augen auf - Tasche zu".

Sind in dem Flyer Verhaltenstipps aufführt?

Winkin Zwei Grundsätze sind aufgeführt. Es wird zudem auf die Homepage www.nrw-gegen-taschendiebe.de hingewiesen. Da kann man sich im Detail informieren.

KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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