Wesel Hovest schmeißt Fernseh-Team aus Saal

Wesel · Nachspiel zum Auftritt des Schalke-Bosses Clemens Tönnies bei der SPD-Veranstaltung zum Thema "Integration und Sport": Fraktionschef wirft vor laufender Kamera Stern TV raus, weil der Gast nichts zur "Wurstlücke" sagen wollte.

 Wesels SPD-Chef Ludger Hovest schließt die Tür der Niederrheinhalle für Stern TV - so war es am Mittwochabend in der RTL-Sendung zu sehen.

Wesels SPD-Chef Ludger Hovest schließt die Tür der Niederrheinhalle für Stern TV - so war es am Mittwochabend in der RTL-Sendung zu sehen.

Foto: I&U TV

Ludger Hovest hat schon viele Geister gerufen. Nicht alle ist er wieder losgeworden. Geht es dem Weseler SPD-Fraktionsvorsitzenden mit Clemens Tönnies jetzt ebenso? Bei der Veranstaltung zum Thema "Integration und Sport" am Dienstag, 25. Oktober, in der Niederrheinhalle gab es jedenfalls ein Randereignis, das am Mittwochabend auf RTL in der Sendung Stern TV zu sehen war. Natürlich war es Hovests Absicht, mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 als Zugpferd in Wesel zu punkten. Doch diese Art von bundesweiter Aufmerksamkeit dürfte er sich nicht gewünscht haben: Vor laufender Kamera verwies Hovest das Fernseh-Team des Saals, weil der Gast sich nicht zur "Wurstlücke" äußern wollte.

Hintergrund zum Drehversuch von Stern TV war ein Bericht über den Versuch des Bundeskartellamts, 128 Millionen Euro Bußgeld einzutreiben. Die Behörde scheiterte, weil die betroffenen Firmen aus Tönnies' Wurst- und Fleischimperium nach einer Umstrukturierung im Konzern nicht mehr existierten. Das wird als Gesetzeslücke bezeichnet, beschäftigt höchste Stellen und soll laut Bundeswirtschaftsminister und SPD-Bundesvorsitzendem Sigmar Gabriel - wenn schon im Fall Tönnies rückwirkend nicht mehr verfolgbar - in Zukunft "nicht mehr vorkommen" können.

Mit der Veranstaltung in Wesel hat das Ganze nur insofern zu tun, als Stern TV hier die Gelegenheit sah, Tönnies zu fragen, wie viel man mit 128 Millionen Euro für die Integration könne. Der Gastredner mochte keine Stellungnahme abgeben und bat Hovest, einzuschreiten. Was dieser auch tat. "Sie schmeißen uns raus?", fragte ein TV-Mann. "Ja", antwortete Hovest. "Rausgeschmissen auf einer öffentlichen Veranstaltung der SPD. Wenn das der Chef wüsste", lautete in der Sendung dann dazu der Begleitkommentar, um zu Gabriel und dessen Haltung überzuleiten.

Ludger Hovest hat die Sendung am Mittwochabend nicht gesehen, gab sich auf Anfrage der Rheinischen Post gestern wenig beeindruckt. Kurz: Die Sache interessiere ihn nicht. Bei dem TV-Team habe es sich um "aufdringliche und freche Menschen" gehandelt. "Es ist nachweislich weder im Fraktionsbüro noch im Büro des Stadtverbandes um eine Drehgenehmigung gebeten worden", sagte er. Thema des Abends, so Hovest weiter, sei die Integration gewesen und nicht die Wurst. Überdies lasse er sich "nicht von irgendwelchen Journalisten, die für Stern TV eine Story brauchen, die Veranstaltung sprengen".

Philipp Petersdorff, Autor des Beitrags und Mitglied der Stern-TV-Redaktion, sagte gestern auf RP-Anfrage, es sei sehr wohl versucht worden, das Fraktions- und das Stadtverbandsbüro der SPD in Wesel zu erreichen. Es sei aber keiner rangegangen. Also habe man die Veranstaltung besucht, die ja als öffentlich für jedermann angekündigt worden sei. "Wir durften anfangs ja rein", sagte Petersdorff. "Dann hat Herr Tönnies die Kamera gesehen und mit Herrn Hovest gesprochen."

Ob die Besucher der SPD-Veranstaltung live viel davon mitbekommen haben, sei dahingestellt. Ebenso bleibt fraglich, was ein milliardenschwerer Boss eines millionenschweren Fußball-Bundesligisten zur Motivation Ehrenamtlicher aus meist armen Vereinen in der Flüchtlingsintegration beitragen konnte.

(RP)
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