Bürgermeister von Hamminkeln "Ich kann nur einfach und direkt"

Wesel · Bürgermeister Bernd Romanski spricht im Interview über Hamminkelns ambitionierte Projekte 2017, Finanzen, Personal und den Umgang mit klaren Worten.

 Ein Mann der klaren Worte: Bürgermeister Bernd Romanski.

Ein Mann der klaren Worte: Bürgermeister Bernd Romanski.

Foto: E. Malz

2016 war ereignisreich in Hamminkeln. Wie kann 2017 für die Stadt und ihre Menschen werden? Viele Themen werden fortgesetzt, neue sollen nach vorne rücken. Die RP blickte mit Bürgermeister Bernd Romanski nach vorne - auf das neue Jahr.

Sie sind gerne kein bisschen leise. Bei der Etatvorstellung 2017 im Rat haben Sie Land und Bund "Zechprellerei" bescheinigt. Motto: die bestellen Leistungen, die Kommunen müssen zahlen.

Bernd Romanski Wo habe ich etwas gesagt, was ich so nicht hätte sagen dürfen? Ich bin kein Mensch, der von allen gemocht werden will. Ein hohes Maß an Unverbindlichkeit schafft ein hohes Maß an Einigkeit, aber keine nötige Klarheit, was zu tun ist. Deshalb rede ich lieber klar. Der Großteil meiner deutlichen Sprache ist gewollt, und deshalb bin ich auch gewählt worden. Ich stehe zu dem, was ich sage.

Der Umgang mit ihren klaren Worten ist nicht immer einfach.

Romanski Manche sind klare Worte nicht gewohnt, auch bei den Behörden. Aber die Stadt wird gehört, siehe Hochwassermaßnahmen. Ich gebe aber zu (lacht): Mein Problem ist, ich kann nicht kompliziert, ich kann nur einfach und direkt.

Blicken wir mit Klarheit auf 2017. Welche Kernthemen stehen an?

Romanski Zum Beispiel das Thema Wohnbebauung. Wir wollen Wohnraum schaffen, nicht nur im sozialen Wohnungsbau, sondern auch für Menschen mit höheren Einkommen. Deshalb haben wir im Baugebiet alter Sportplatz Brüner Straße eine bestimmte Mischung vorgesehen, begrenzt auf 30 Prozent gefördertem Wohnraum. Hamminkeln liegt bei den Einnahmen durch den Einkommensteueranteil zehn Prozent über dem Landesschnitt, wir sind also gut beraten, Menschen mit höheren Einkommen attraktiven Wohnraum zu bieten. Der Kämmerer hat ja im Rat dargelegt, dass der Einkommensteueranteil neben Grund- und Gewerbesteuer die wichtigste Geldquelle ist.

Gewerbeflächen sind ebenso wichtig.

Romanski Das nächste Riesenthema. Zuletzt haben wir den Erfolg erreicht, ein Dingdener Unternehmen zu halten, das nach Bocholt abwandern wollte, indem wir eine Erweiterungsfläche anbieten konnten. Aber die Lage ist schwierig. An der A 3 in Hamminkeln werden wir von RVR und Land ausgebremst, die weniger Flächenversiegelung wollen. Ländliche Kommunen werden so ins Abseits geschoben. Ich versuche nun über Kontakte mit den Ministern Groschek und Duin voranzukommen.

Aber es gibt noch Flächen

Romanski Ja, am Loikumer Rott in Hamminkeln und auch in Dingden, rund zehn Hektar sind vorhanden. Doch wir müssen attraktiver für Unternehmen werden. Im langjährigen Vergleich gibt es 200 weniger Gewerbesteuer zahlende Betriebe bei uns, obwohl ein gewisser Ausgleich über Photovoltaik nutzende Betriebe stattgefunden hat.

Das Infrastruktur-Paket muss auch geschultert werden.

Romanski Schulen, Kitas, Wirtschaftswege - da ist trotz knapper Finanzmittel viel nötig. Allein der Neubau der Grundschule Mehrhoog wird mit sechs bis acht Millionen Euro beziffert, das Geld ist nicht im Etat verankert. Wir haben einen Investitionsstau. In den nächsten fünf Jahren müssten wir 15 Millionen in Kitas und Schulen stecken. Dazu kommt, dass man Personal benötigt, um diese Vorhaben abzuarbeiten. Die Knappheit im Hochbau- und Tiefbaubereich der Stadt habe ich ja im Rat angesprochen. Unsere drei Hochbauingenieure haben schon mit Instandsetzungen genug zu tun.

Ist das der Ruf nach mehr Personal?

Romanski Nein, es ist ohnehin ein Problem, Leute zu bekommen angesichts der Bezahlung, die wir bieten können. Wir arbeiten viel mit externen Büros zusammen. Und wir müssen die Frage beantworten, ob wir zum Beispiel das Wirtschaftswegekonzept mit eigenem Personal oder mit Fremdfirmen abarbeiten wollen. Es kommt auf das Wie an. Sicher ist: Man kann viel bewegen in Hamminkeln.

Thema Hochwasserschutz: Der erfordert Geduld, über die sie bekanntlich nur begrenzt verfügen.

Romanski Es ist ein harter Weg, Bezirksregierung und Kreis Wesel dazu zu bewegen, den Handlungspfad zu betreten. Aber die werden uns nicht los. Wir tun auch etwas, stellen Geld im Etat für Retentionsräume am Mühlenbach am alten Klärwerk und in Marienthal zur Verfügung. Die Verträge mit Landwirten, die Retentionsflächen an der Issel, also Polder, für den Hochwasserfall bereitstellen, sind raus. Der Kreis muss jetzt sagen, wie er dies System umsetzt und welche baulichen Maßnahmen er vollzieht. Mit den Poldern lassen sich Hochwasserspitzen abfangen, deshalb wollen wir sie schnell bereitstellen.

Vom Land verstärkt gefördert wird aber ökologischer Hochwasserschutz.

Romanski Dafür brauchen wir aber 750 Hektar Flutungsflächen. Diese Flächen bekommen wir nicht. Polder sind deshalb die pragmatische, rasch machbare Lösung.

Anderes Thema: Die Bebauung Raiffeisenstraße in Hamminkeln ist gescheitert, über das angekündigte Verkehrskonzept redet niemand mehr.

Romanski Wir sitzen mit dem Verkehrsgutachter zusammen, um vor dem Hintergrund auch von der Gesamtschulerweiterung und der Pläne der Obstkelterei van Nahmen ein Gesamtkonzept hinzubekommen. Die Westtangente spielt darin keine Rolle, warum soll man etwas verfolgen, was man nicht bekommen kann? Es geht darum, wie man Verkehrsströme lenken und wo man Straßen entlasten kann. Etwa durch eine Einbahnstraßenregelung im Ortskern Hamminkelns oder durch neu geordnete Umfahrung des Ortskerns, um Durchgangsverkehr zu vermeiden. Bei der Bebauung Raiffeisenstraße bin ich weiter optimistisch. Mehr sage ich dazu nicht.

Zu guter Letzt: 2017 wird das entscheidende Jahr für die Betuwe.

Romanski Das Planfeststellungsverfahren Oberhausen ist abgeschlossen, dort erfolgt der erste Spatenstich. Bahn-Vorstandsmitglied Pofalla hat mich eingeladen, ich gehe nach den Auseinandersetzungen um den Ausbau aber nicht hin. Für Hamminkeln geht es um hohe Kosten, etwa bei der Beseitigung der Übergänge, es liegt eine Menge Arbeit vor uns. Ich hoffe, Ende 2017 wissen wir, wie es mit der Betuwelinie bei uns weitergeht.

DAS INTERVIEW FÜHRTE RP-MITARBEITER THOMAS HESSE

(RP)
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