Kreis Wesel Initiative kritisiert Hochwasserschutz

Kreis Wesel · Für die Menschen in der Region ist es fünf vor zwölf. Das erklärt die Hochwasserschutz-Initiative am Niederrhein (HWS) deutlich. Alleine in NRW wären von einem Hochwasser ähnlich dem an Elbe und Oder vor einigen Jahren rund 1,7 Millionen Menschen direkt betroffen. Den unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden eines einzigen solchen Ereignisses beziffert die Initiative auf rund 200 Milliarden Euro.

Als Hauptkritikpunkt am bisherigen Hochwasserschutz nennt die HWS eine mangelhafte Organisation und falsch gelagerte Kompetenzen. "Der Bund hat diese Aufgaben an die Länder delegiert und die wiederum an Anlieger und Verbände. Aber nach dem Grundsatz Oberliga senkt Unterliga müssen wir hier im Rheindelta ausbaden, was von Andernach bis Köln versäumt wird", kritisiert Hans-Peter Feldmann. Dort aber bestehen keine Eigeninteressen daran, Polder oder Deiche zu errichten. "In Köln hat das psychologische Gründe, man möchte auf den Rhein gucken, ignoriert dafür die Gefahr", so Feldmann. Der sachkundige Bürger im Kreis fordert eine Bewertung des Schadenpotenzials, damit Schwerpunkte klar erkennbar werden: "Die Wirtschaftskraft am Rhein ist eminent wichtig, für Deutschland und Europa."

Seitens der Europäischen Union erging schon vor langer Zeit die Forderung an die Bundesregierung, ein Risikomanagement voran zu treiben. "Dass die Bundesrepublik Deutschland durch das europäische Parlament dazu aufgefordert werden muss, ihre Menschen und Sachwerte zu schützen, ist das Peinlichste, was man sich vorstellen kann", erklärt der Niederländer Tjerk Miedema, Mitglied der Initiative.

Für die Aussage der rot-grünen Landesregierung, dass der Hochwasserschutz ausschließlich nach ökologischen Gesichtspunkten zu erfolgen habe, hat Miedema überhaupt kein Verständnis: "Das heißt nichts anderes, als dass Ökologie wichtiger ist als die Sicherheit der Menschen."

Wie groß die drohende Gefahr ist, macht Feldmann anhand von Zahlen deutlich. Demnach strömen bei einem Extremhochwasser stündlich 50 Millionen Kubikmeter Wasser über die Deiche am Niederrhein. Zum Vergleich: Der neu geschaffene Rückhaltepolder bei Orsoy fasst 20 Millionen Kubikmeter.

"Hinzu kommt, dass in Zukunft Bergsenkungen von zehn Prozent und mehr zu befürchten sind. Bei Überschwemmungshöhen von zehn Metern bedeutet das beispielsweise für Moers, dass die Stadt mit 10 000 Toten rechnen muss, weil die Menschen keine Fluchtmöglichkeit haben", erläutert Feldmann im Gespräch.

Auf die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen hat die Hochwasserschutz-Initiative jetzt noch einmal in einem offenen Brief an die Landesregierung sowie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks aus Kleve hingewiesen.

Darin steht deutlich die Forderung nach einem Konzept zur Verhinderung des Risikos, welches weiterhin auf die Bewohner, die Wirtschaft und die Infrastruktur übertragen werde.

(erko)
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