Wesel/Hamminkeln Issel-Unterkunft für Flüchtlinge zu weit

Wesel/Hamminkeln · Paul Rose würde gerne Syrer aufnehmen, aber Hamminkeln ist skeptisch. Auch in Wesel bleiben Angebote frei.

 Paul Rose vom Isseldeich in Wertherbruch ist frustriert, weil die Ämter seine Hilfsangebote für Flüchtlinge ablehnen.

Paul Rose vom Isseldeich in Wertherbruch ist frustriert, weil die Ämter seine Hilfsangebote für Flüchtlinge ablehnen.

Foto: Ekkehart Malz

Am Isseldeich in Wertherbruch ist die Welt noch in Ordnung. So in Ordnung, dass Paul Rose vom Erfolg der Integration von Flüchtlingen vollkommen überzeugt ist. Aber er darf nicht. Mehrfach hat der 72-Jährige seine Ferienwohnung der Stadt Hamminkeln angeboten. Eine syrische Familie würde er gerne aufnehmen, sich auch noch um die Vermittlung von Deutschkenntnissen kümmern und sie auf Behördengängen begleiten. Im Rathaus ist Rose bislang damit auf taube Ohren gestoßen. Zu weit weg, heißt es. Die Leute könnten ja in der Nähe gar nichts einkaufen.

Paul Rose, früher Chef von Moto Rose in Bocholt und noch immer Obermeister der Zweiradmechaniker-Innung im Kreis Borken, kann gerade dem Argument der Entfernung nicht folgen. "Ich habe genügend Fahrräder, außerdem sind es bis nach Werth nur 1,5 Kilometer. Und nach Hamminkeln zur Tafel würde ich die Leute natürlich auch bringen", sagt der Rentner. Nicht verstehen kann er, dass beispielsweise Landesmutter Hannelore Kraft sagt, man müsse die Flüchtlinge an die Hand nehmen, gleichzeitig aber Kommunen auf Angebote wie seins nicht eingehen. Die Ferienwohnung ist komplett ausgestattet und bietet vier Personen bequem Platz. Sie hat eine 30-Quadratmeter-Terrasse. Und außerdem gibt es einen riesigen Garten. "Kinder können hier wunderbar toben", sagt Rose, der auf ländliches Miteinander setzt. "Zum Nachbarschaftsfest nehme ich sie selbstverständlich mit. Das klappt schon. Und für Arbeitsstellen kann ich bei meinen Verbindungen in der Kreishandwerkerschaft auch sorgen." Übrigens kann Rose Flüchtlingsgefühle nachempfinden. 1933 ging sein Vater dem NS-Regime aus dem Weg und wechselte in die Niederlande. Als die Familie dann 1948 ausgewiesen wurde, landete sie mit dem kleinen Paul zunächst in einem Lager.

Hamminkelns Bürgermeister Holger Schlierf ist der Fall bekannt. Zwar will er ihn seinen Ämtern noch einmal zur Prüfung vorlegen, doch sei die Außenlage in Wertherbruch schon ein Hindernis, sagt Schlierf. "Grundsätzlich sind wir natürlich immer interessiert an freien Wohnkapazitäten. Aber es gibt Grenzen und Vorgaben", sagt er. So gebe es zwar für die alte Lankerner Schule als Unterkunft noch Bestandsschutz. Wollte man dort aber jetzt neu etwas machen, dann ginge das nicht. Dezentral, aber nicht zentrumsfern wolle und solle man Flüchtlinge unterbringen. Mit Blick auf Projekte wie den noch lange dauernden Heimbau in Mehrhoog und auf stetig steigende Flüchtlingszahlen versteht Paul Rose die Haltung trotzdem nicht.

Nicht ganz so enttäuscht ist Erika Habermann aus Blumenkamp. Doch wunderte auch sie sich darüber, dass ihr Wohnungsangebot bei der Stadt Wesel noch nicht so richtig aufgegriffen worden ist. Hier sollte ebenfalls die Entfernung eine Rolle gespielt haben, weil die Flüchtlinge sich regelmäßig auf Ämtern melden müssten. Auch Habermann glaubt, dass traumatisierten Menschen eher außerhalb von Zentren und mit Kontakt zur deutschen Bevölkerung geholfen werden kann. Ihr Angebot hat sie aufrecht erhalten, aber seit längerer Zeit nichts mehr von der Stadt gehört.

Wesels Sozialdezernent Daniel Kunstleben bekräftigte den Ansatz, Flüchtlinge am liebsten dezentral unterzubringen, und war überrascht. Schließlich gebe es doch gerade in Blumenkamp an der Grundschule eine Klasse für Seiteneinsteiger. Kunstleben will dem Fall Habermann nachgehen lassen. "Wir freuen uns über jeden, der eine Wohnung anbieten kann", sagt er. Zusammenpassen müssen Angebot und Nachfrage natürlich trotzdem.

(RP)
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