Wesel Ja, ist denn heut' schon Weihnachten?
Wesel · Eine Schneelandschaft im Hochsommer - dieses Bild bot sich jetzt mitten in der Stadt. Der Grund: Der Weseler Fotograf Andreas Fechner schuf für eine Versicherung in Basel eine Winterszene - bei fast 30 Grad im Schatten.
Winter bei fast 30 Grad im Schatten in Wesel
Die Autofahrer, die am Mittwochabend die Aachener Straße befuhren, staunten nicht schlecht. Ungläubig riskierten sie noch einen zweiten Blick aus dem Seitenfenster. Kein Wunder, denn das Bild, was sich ihnen bot, passte so gar nicht in die Jahreszeit: Weiß und pudrig lag der Schnee auf den Koniferen. Eine Lichterkette leuchtet weihnachtlich bunt, ein Schlitten lehnt griffbereit am Treppenaufgang eines Hauses. "Ja ist denn heut' schon Weihnachten?" mögen sich viele der Passanten angesichts dieses Winterwunderlandes, was sich ihnen da bei heiß-sommerlichen Temperaturen bot, gefragt haben.
Nein, ist es nicht und der plötzliche und doch sehr punktuelle Wintereinbruch ganz leicht zu erklären. Dort fanden Fotoaufnahmen für eine Basler Versicherung statt. Dass die zuständige Züricher Agentur Ramstein Ehinger gerade ein Haus in einer Weseler Straße als Kulisse gewählt hatte, lag am Fotografen Andreas Fechner, der für die Umsetzung verantwortlich ist. Fechner, der seit rund 30 Jahren als Fotograf arbeitet, stammt nämlich aus Wesel und hatte in Abstimmung mit der Agentur die passenden Schauplätze für verschiedene Bildkonzepte gesucht. "Wir haben heute schon eine Büroszene und eine Szene mit einem Zwerg in Hamminkeln umgesetzt", gibt er einen Überblick. Eine weitere Szene sollte einen Mann zeigen, der sich beim Aufhängen der Weihnachts-Lichterketten verheddert, wie Martin Tuch von der Agentur erklärte. Dafür war Winter im Sommer gefordert. Ein Team bestehend aus Stylistin, Visagistin, Model etc. waren mehrere Stunden damit beschäftigt, für das Foto die perfekte Weihnachts-Winter-Illusion entstehen zu lassen.
Während Fotograf Fechner mit Hilfe von Stativ und Leiter den richtigen Kamera-Standpunkt suchte, war Stylistin Claudia Neu, die auch die Set-Einrichtung übernahm, damit beschäftigt, eine weiße Weihnacht im Hochsommer zu kreieren - als moderne Frau Holle in Flip-Flops sozusagen. Dazu hatte die Düsseldorferin es in ihrem eigenen Garten bereits probeschneien lassen. "Man muss sich überlegen, wie Winter und Schnee wirklich aussehen, wie Schnee glitzert", beschreibt sie die Schwierigkeit. Antizyklisch arbeiten, also Winter in den Sommer zaubern oder umgekehrt, ist in ihrem Job aber keine Seltenheit, sagt sie.
Für das Winterwunderland benutzte die Düsseldorferin neben weißem Fließ als Unterlage für den dicht eingeschneiten Hauseingang auch Kunstschnee. "Der lose Schnee ist Zellulose und ist einfach abbaubar", sagt sie. Damit er auch hält, wurden die Koniferen zuerst mit einem feinen Wassernebel eingesprüht. Dann verteilte Claudia Neu den losen Schnee mit beiden Händen darauf. "Fühlt sich ein bisschen an wie trockener Griesbrei", beschreibt sie. Von Kälte also keine Spur. Das Resultat konnte sich trotzdem sehen lassen. Man fühlte sich so, als wären die nächsten vier Monate in einem Zeitraffer an einem vorbeigezogen und es kurz vor Heiligabend wäre. Wenn da nur die Temperaturen nicht wären. Die machten auch Christian Goldstrass aus Wesel zu schaffen, der bei seinem Model-Debut in dicken Wintersachen steckte. "Suboptimal bei dem Wetter, aber Job ist Job" sagte er. Zuvor war ihm in der Open-Air-Maske von Visagistin Kathrin Hirsch die passende Winterblässe verpasst worden - inklusive roter Winterwangen. Eine völlig neue Erfahrung für den Weseler. "Ich war noch nie geschminkt, außer an Karneval", sagte er, bevor sein schweißtreibender Job im Schnee begann.
Doch was tut man nicht alles für die perfekte Illusion. Die ist dem Team nach mehrstündiger Vorbereitung gegen 22.45 Uhr dann auch gelungen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Doch auch wenn die Szene ein ganz klein wenig Lust auf Winter macht: Bis der erste echte Schnee fällt, darf's gerne noch ein bisschen dauern....
