Hamminkeln Jagt ein Wolf in der Dingdener Heide?

Hamminkeln · Rückkehr eines Räubers: In der Herde von Schäfer Joachim Koop wurden mehrere Tiere getötet und verletzt. Fährten deuten auf einen Wolf auf Wanderschaft hin. Doch erst DNA-Überprüfungen werden Klarheit bringen.

Joachim Koop büßte mehrere Tiere seiner Schafherde ein.

Joachim Koop büßte mehrere Tiere seiner Schafherde ein.

Foto: dpa, kost

Der Wolf ist knapp 180 Jahre nach dem letzten registrierten Abschuss 1935 bei Ascheberg wieder in Nordrhein-Westfalen angekommen. Acht Nachweise hat das Landesamt für Naturschutz seit 2009 notiert. Das sind nicht viele. Jetzt könnte ein weiterer hinzukommen. Denn vergangene Woche soll ein Wolf drei Ziegen gerissen und sieben verletzt haben. Die Herde steht in der Dingdener Heide am Ende der Klausenhofstraße an der Alten Schäferei. Sie gehört Joachim Koop aus Wesel-Ginderich. Er hat die Fachleute eingeschaltet, die nun Abstriche von den Tieren genommen haben, um sie einem DNA-Test zu unterziehen. Die Rückkehr des Räubers verursacht auch Ängste, besonders wenn er sich im touristischen Naturbereich bewegt. Schäfer Koop bewahrt Ruhe und rät: "Es gibt ein großes Potenzial an Emotionen, doch wahrscheinlich handelt es sich um einen einzeln umherstreifenden Wolf, nicht etwa um ein Rudel." Man müsse die Untersuchungen abwarten. Doch in Bauernschaft und Bevölkerung herrscht Sorge.

Indizien gibt es nicht nur in Hamminkeln. In Schermbeck-Damm hatte kürzlich Nabu-Mitglied Heinz Neu möglicherweise einen Wolf gesehen (RP berichtete), der dort die Malberger Straße überquerte. Der Schermbecker Hegerings ist alarmiert. Der Mensch hat ein gespaltenes Verhältnis zu Isegrim. Im kollektiven Gedächtnis ist er so etwas wie Rotkäppchens Albtraum geblieben - der Wolf löst Urängste aus. Aber seine Rückkehr ist umweltpolitisch gewollt und wird - typisch deutsch - generalstabsmäßig begleitet. Beim NRW-Umweltministerium gibt es seit April einen Wolfsmanagement-Plan, der Landesbetrieb Wald und Holz verfügt über einen Wolfsberater, und beim Lanuv (Landesamt für Natur und Umwelt) schafft eine Arbeitsgruppe Wolf. Sie hat kürzlich einen Maßnahmenkatalog vorgestellt. Der Mensch dürfte sich dennoch erst an den scheuen Räuber gewöhnen müssen. Die Frage ist: Wie weit hat sich der Wolf nach Westen vorgearbeitet im oft dicht besiedelten NRW?

Joachim Koop weiß es nicht, aber er nennt Indizien aus der Dingdener Heide. "Ich habe schon Hundeschäden erlebt, aber solch einen Riss wie jetzt noch nie. Die Spuren sind deutlich. Trittspuren entsprechen denen, die wenige Kilometer entfernt an der Borkener Straße gefunden worden sind. Hier haben Autofahrer nahe der Gaststätte Vennebauer einen die Straße querenden Wolf gemeldet." Das würde nicht wundern: Auch wenn auf Isegrims Speiseplan vor allem Wildbret steht, hat er gegen die leichte Beute Schafe und Ziegen nichts einzuwenden. Ein paar Kilometer Entfernung über viel Grünland und mit guter Deckung überwindet ein herumstreifender Wolf schnell. Wandernde Tiere sind zudem Teil des Rudelverhaltens. Zum Rudel gehören zwei Nachwuchsjahrgänge, Jungwölfe bewegen sich auf eigenen Wegen und gehen schon mal ortsnah auf die Pirsch.

"Dass es ein einzelnes Tier war, das ist Fakt. Dagegen kann man sich nicht schützen", sagt Koop. Er hat das Landesamt für Jagd eingeschaltet, ein fachlich versierter Ehrenamtler der Lanuv hat die Schäden aufgenommen.

Der letzte Nachweis aber fehlt. Auf Anraten von Fachleuten hat er die gerissenen Kadaver in der Folgenacht liegen gelassen und Wildkameras aufgestellt in der Hoffnung, der einsame Wolf komme zurück. Doch er ließ sich nicht filmen. Also heißt es, auf die Analyse zu warten. So lässt der Weseler seine Herde mit 200 Mutterschafen und 15 Ziegen weiter in der Dingdener Heide grasen. Er schätze den Standort, das laufe alles ganz normal weiter, sagt er. Als Schäfer stellt er sich andere Fragen: Die der Entschädigung und ob die freie Haltung so bleiben kann wie bisher. Wolfssichere Herdenschutzzäune könnten die Regel werden.

(RP)
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