Wesel Jugendliche aus ganz Europa bekämpfen die Traubenkirsche

Wesel · Im Waldgebiet Kaninchenberge, nur einen Katzensprung vom Gewerbegebiet Bucholtwelmen entfernt, geht Seltsames vor. Die Rinde einiger Bäume scheint entfernt worden zu sein. Waren hier Wildtiere am Werk, oder haben sich Randalierer an den Bäumen zu schaffen gemacht? Ganz im Gegenteil! Die Entfernung der Rinde soll den Bäumen zwar schon schaden, aber das hat einen bestimmten Grund: die Pflanzen sind späte Traubenkirschen, Eindringlinge aus Nordamerika, die das heimische Ökosystem zerstören.

 Flavia Petrone (18) macht die Arbeit im Wald Spaß.

Flavia Petrone (18) macht die Arbeit im Wald Spaß.

Foto: Gerd Hermann

"Die Bekämpfung dieses Eindringlings ist ein Teil unseres Projektes zu bodensauren Eichenwäldern", erklärt Klaus Ketschmer von der Biologischen Station im Kreis Wesel. Und für diese Aufgabe hat man sich internationale Hilfe geholt. Im Rahmen eines Workcamps gastieren 17 junge Menschen aus zehn Ländern zur Zeit im Kreis Wesel und helfen bei dem Projekt mit. Und dabei haben sie einiges zu tun: Mit Äxten, Sägen und anderen Werkzeugen rücken sie der Rinde der Traubenkirschen zu Leibe. Holzspäne fallen auf den Boden, und die Luft füllt sich mit dem unverkennbaren, säuerlichen Geruch der Pflanzen. "Sie haben einen Mechanismus, mit dem sie das Wachstum anderer Pflanzen unterdrücken. Außerdem haben sie hier keine Fressfeinde", erklärt Bernd Finke vom Kreis Wesel die ungehinderte Vermehrung der eingedrungenen Baumart vor Ort.

Aber was treibt Jugendliche aus ganz Europa, der Türkei und sogar Marokko und Südkorea dazu, gut drei Wochen in einem fremden Land im Wald zu arbeiten? "Ich habe generell Spaß daran, andere Kulturen und Menschen kennenzulernen", erklärt Flavia Petrone. Aus dem italienischen Florenz ist die 18-Jährige nach Deutschland gekommen, um sich an dem Projekt zu beteiligen. "Mir ging es vor allem darum, mein Englisch zu verbessern", erzählt sie. Mittlerweile hat sie aber auch Spaß an der Arbeit im Wald gefunden. "Ich liebe die deutschen Wälder. So etwas haben wir in Italien gar nicht. Und es macht mir Spaß, mit den anderen hier zu arbeiten."

Dabei hat der internationale Einsatz Tradition: Schon seit Anfang der 90er Jahre kommen Jugendliche aus der ganzen Welt in den Kreis Wesel, um das LIFE+ Projekt "Bodensaure Eichenwälder" zu unterstützen. "Wir sehen das natürlich auch als Treffen der Kulturen und als Kulturaustausch", so Bernd Finke.

Das Zerstören der Baumrinde soll dafür sorgen, dass die Bäume langsam absterben, so dass keine neuen Triebe entstehen. Ein Experiment zur Bekämpfung der Pflanzen.

Warum diese Maßnahme so wichtig ist, erklärt der zuständige Revierförster Michael Herbrecht: "Diese Art vermehrt sich so massiv, dass sie alle anderen Arten kaputt macht." In Bereichen, in denen die Bäume nicht bekämpft werden, sorgen sie für einen wirklich dichten Wald, in dem keine anderen Pflanzen mehr wachsen und auch die Tiere fehlen.

(RP)
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