Wesel Kies-Krise: Hülskens stellt sich breiter auf

Wesel · Das Weseler Traditionsunternehmen verstärkt die Sparten Beton und Wasserbau. Der Reeser Mitbewerber baut um.

 Partner bei der Reeser Welle: Jörg Hüting (l.) und Michael Hüging-Holemans

Partner bei der Reeser Welle: Jörg Hüting (l.) und Michael Hüging-Holemans

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Die Kies- und Sandunternehmen am Niederrhein können mit ihren Charmeoffensiven machen, was sie wollen, aber auf Abgrabungsgenehmigungen dürfen sie nicht hoffen. Politisch weht ihnen der Wind entgegen. Mehr Baggerseen sind nicht gewollt. Die Betriebe stehen vor einer absehbaren Krise. Schon vor geraumer Zeit sandte das Weseler Traditionsunternehmen Hülskens als Branchenprimus bislang unbekannte Signale. Peu à peu wurde Personal im Kerngeschäft Kies und Sand abgebaut. Zukäufe stärkten indes zuletzt die Sparten Beton und Wasserbau.

 Die Flächen für die Unternehmen werden in der Umgebung knapp.

Die Flächen für die Unternehmen werden in der Umgebung knapp.

Foto: Archiv

Wie berichtet, übernahm die Hülskens Wasserbau GmbH & Co. KG Wesel die Erwin Müller Spezialtief- und Wasserbau GmbH in Neckarzimmern. Auch die Heinr. Elskes GmbH & Co. KG, eine weitere Tochter der Hülskens Holding GmbH & Co. KG Wesel, war aktiv und übernahm die restlichen Anteile an der Baustahlverarbeitung & Fertigbeton GmbH & Co. KG (B&F) aus Bocholt. Hinzu kam das Beton-Fertigteilwerk der Bitter Beton-Systeme GmbH in Goch.

"Das hat es in 110 Jahren Firmengeschichte nicht gegeben", sagt Jörg Hüting zum Personalabbau bei der Hülskens Kies und Sand GmbH & Co. KG, zu deren Geschäftsführern er zählt. "Wir hatten sonst immer Anschlussgenehmigungen. Jetzt aber haben wir erstmals auslaufende Betriebe und keinen Ersatz." Die Belegschaft war in der Spitze gut 315 Mitarbeiter stark. Jetzt sind es nur noch etwas mehr als 200, die aber weiter das Rückgrat in der Holding bilden, die insgesamt rund 760 Beschäftigte hat. Alle Kies- und Sand-Stellen konnten sozialverträglich abgebaut werden.

Dass es den Verantwortlichen des Hauses wehtut, überhaupt zu solchen Schritten greifen zu müssen, ist in Wesel kein Geheimnis. Die Zukäufe beim Wasserbau und beim Beton täten der Holding zwar gut in dem Bemühen, sich insgesamt in schwierigeren Zeiten besser zu behaupten. Aber ersetzen sollen sie Verkleinerungen bei Kies und Sand nicht. "Das bleibt eine wichtige Säule des Unternehmens", sagt der 57-jährige Weseler Hüting und setzt weiter darauf, mit Behörden und Politik Projekte zu entwickeln und umzusetzen, die für alle Seiten von Nutzen sind.

Bestes Beispiel für die erfolgreiche Kombination von Kiesgewinnung und Straßenplanung, Hochwasserschutz und Ökologie ist der Lippe-Mündungsraum, in dem mit der Verlegung des Flussbetts eine wunderbar neue Landschaft geschaffen wurde. In Orsoy und Rees laufen ähnliche Vorhaben zum Hochwasserschutz. Das Kieswerk Pettenkaul bei Ginderich aber, einst als Ersatz für Hülskens-Rechte auf der Bislicher Insel angelegt, läuft nur noch bis 2017. Zur Verlässlichkeit von Aussagen aus Verwaltung und Politik schweigt der gelernte Jurist Hüting. Vielmehr hält er es für bedenklich, dass bei der Entwicklung neuer Vorhaben die nötige Flexibilität fehle. Statt zu schauen, wo ein Projekt sinnvoll sei, gebe es Tabukriterien, die gar das Nachdenken bereits verböten. "Es gibt ganz wichtige Dinge wie die Tieferlegung von Ufern, die nicht gemacht werden können, weil Kiesabbau dabei ist", sagt Hüting. "Nicht wenige Alt-Abgrabungen sind übrigens Naturschutzgebiete geworden." Auf der Agenda bleibt für Hülskens die Idee, in Bislich-Vahnum, den ehemaligen Kernkraft-Standort im Sinne des Hochwasserschutzes per Deichrückverlegung umzugestalten und dabei auch Kies und Sand gewinnen zu können. Mal abgesehen vom zurzeit wirtschaftlich schwächelnden Nachbarn Niederlande ist der Rohstoff-Bedarf da.

(RP)
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